Die nächsten Präsidentschaftswahlen in der Ukraine sind derzeit noch für März 2024 geplant. Aufgrund des Kriegsrechts könnten sie aber verschoben werden. Falls sie dennoch stattfinden, wird Alexei Arestowitsch, ein ehemaliger Berater im Büro des ukrainischen Präsidenten, kandidieren, erklärte er diese Woche. Er bestätigte auch, dass die kürzlich von ihm in den sozialen Netzwerken veröffentlichten Vorschläge sein Wahlprogramm seien.
Am Mittwoch hatte er dutzende Punkte zu politischen, wirtschaftlichen, sozialen, militärischen und anderen Reformen in der Ukraine veröffentlicht. Unter anderem sollten nach seiner Ansicht die Streitkräfte der Ukraine auf "strategische Verteidigung" umgestellt werden. Auch die Herangehensweise an die Mobilmachung von potenziellen neuen Kämpfern müsse geändert werden. Wehrpflichtigen Männern solle die Ausreise ins Ausland gestattet werden.
Für die Bereiche Wirtschaft, Finanzen und Energie schlug er das Verhängen eines Ausnahmezustands vor. Als gesonderte Maßnahme hob er die Prüfung des gesamten Landes durch eine globale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hervor. Gleichzeitig müssten die Steuer- und Zollgesetze des Landes überarbeitet werden, mit dem Ziel, die Verwaltung zu vereinfachen. Weitere Punkte betreffen die Gesundheitsversicherung sowie eine Renten- und eine Justizreform. In Bezug auf die umkämpften Gebiete des Landes schrieb Arestowitsch:
"Ein Vorschlag an den kollektiven Westen: Wir sind bereit für Kissingers Option. Wir fordern den NATO-Beitritt mit der Verpflichtung, die zum Zeitpunkt des Beitritts besetzten Gebiete nicht zurückzuerobern, sondern ihre Rückgabe nur mit politischen Mitteln zu erreichen."
Im Januar war der 48-Jährige von seinem Amt als Berater im Büro des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij zurückgetreten. Grund war seine Aussage, dass ein Teil eines Wohnhauses in der Stadt Dnipro (russisch: Dnjepropetrowsk) durch den Einschlag einer eigenen Rakete eingestürzt sei, die vom ukrainischen Luftverteidigungssystem gestartet worden war. Auch Russland hatte die ukrainische Luftverteidigung für den Vorfall verantwortlich gemacht. Das ukrainische Militärkommando bestritt jedoch diese Informationen. Wenige Tage später sagte Arestowitsch, er habe einen "schwerwiegenden Fehler" gemacht, und entschuldigte sich bei den Stadtbewohnern, die sich durch seine Version der Geschehnisse verletzt fühlten.
Anfang Oktober berichteten russische Medien, dass Moskau Arestowitsch auf die Fahndungsliste gesetzt hatte. Zuvor war er in die Liste der Terroristen und Extremisten aufgenommen worden. Wenige Tage später leitete auch die ukrainische Polizei Ermittlungen gegen Arestowitsch aufgrund der Verbreitung von Werken ein, die "den Kult der Gewalt und Grausamkeit fördern" würden. Im September geriet der Politiker in einen Skandal, als er bei einem nichtöffentlichen Seminar Frauen als "Wesen" bezeichnet hatte, die "man erwürgen will". Später erklärte er, seine Worte seien aus dem Zusammenhang gerissen worden.
Im vergangenen Jahr hat sich der Politiker zunehmend harscher gegen Wladimir Selenskij und dessen Umfeld geäußert, wodurch ihn mittlerweile viele Ukrainer als "prorussisch" betrachten.
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