Nahostkonflikt: Pläne für EU-Handelsroute nach Indien geplatzt

Er sollte eine Art Anti-Seidenstraße werden und nicht nur wirtschaftlich mit China konkurrieren: Der IMEEC-Handelskorridor sollte über die Arabische Halbinsel bis nach Indien führen. Nun steht das Projekt vor dem Aus.

Ein Luftschloss nennt die in China erscheinende Global Times das gemeinsame Projekt von EU, USA und Indien. Auf dem letzten G20-Gipfel im September in Indien verabredeten die drei Staaten unter Beteiligung von Saudi-Arabien und Israel die Schaffung eines neuen Handelskorridors, den India-Middle East-Europe Economic Corridor (IMEEC). Er sollte Teil der westlichen Alternative zur chinesischen Neuen Seidenstraße werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen überschlug sich nach dem Einstieg der USA in das Vorhaben vor Euphorie. Es sei ein historisches Projekt, meinte sie und reihte Superlative aneinander.

Das Infrastrukturprojekt sah vor, eine Schienenverbindung von Dubai durch die arabische Wüste nach Israel zum Hafen in Haifa zu bauen. Der Schienenweg quer über die Arabische Halbinsel sollte den Warenaustausch zwischen Indien und der EU zeitlich deutlich verkürzen und das Volumen erhöhen. Mit dem erneuten Ausbruch der Gewalt in Nahost sind die Voraussetzungen nicht mehr gegeben. Zentral für das Projekt war die weitere Annäherung von Saudi-Arabien und Israel. Dieser Prozess wurde durch den Angriff Israels auf Gaza gestoppt. Für den Westen und allen voran für die EU ist das ein schwerer Rückschlag. China ist der EU um Längen voraus, was die Vernetzung des eurasischen Kontinents mit Handelsrouten angeht. 

Global Times vertritt die Meinung, schon ohne den Nahostkonflikt sei die Machbarkeit des Projekts bestenfalls gering gewesen. Jetzt ist die Chance auf eine Umsetzung noch weiter gesunken. IMEEC wurde als Konkurrenz zur Belt-and-Road-Initiative geplant. Es geht vor allem darum, in Nahost wirtschaftlich und geopolitisch an Einfluss zu gewinnen, mit dem Ziel, China zurückzudrängen. Eine Kooperation mit China kommt für die USA und auch die EU derzeit nicht infrage. Man sieht sich in Systemkonkurrenz.

IMEEC sei daher ein Projekt, bei dem es zentral um die Schwächung des chinesischen Einflusses in der Region gehe, meint man in Expertenkreisen in China. Allerdings haben zahlreiche Länder schon vorher deutlich gemacht, dass sie an IMEEC nicht teilhaben werden, wenn die Aussicht besteht, dass sie dadurch erneut in geopolitische Konflikte hineingezogen werden. Genau das aber ist einer der zentralen Beweggründe für die Entwicklung nicht nur dieses Projekts.

Auch die Global-Gateway-Initiative der EU sieht in wirtschaftlicher Kooperation vor allem den Zweck der Eindämmung von chinesischem Einfluss. Die Angebote Chinas zur Kooperation wurden von westlicher Seite bisher immer zurückgewiesen. Viel Aussichten auf Erfolg hat die EU allerdings nicht. Global Gateway gilt mit einem Umfang von 300 Milliarden Euro gegenüber der mit mehreren Billionen Dollar finanziell deutlich besser ausgestatteten Neuen-Seidenstraßen-Initiative Chinas als wenig ambitioniert.

Zudem drohen auch in den Ländern Nordafrikas aufgrund der einseitigen Haltung der EU zum Nahostkonflikt Rückschläge. Für China gilt das nicht. China unterstützt weiterhin die Zweistaatenlösung und nutzt zudem wirtschaftliche Kooperationen nicht zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Kooperationspartner. Bei Global Gateway ist es erklärte Absicht, Wirtschaftskooperationen zur politischen Einmischung zu nutzen und die kooperierenden Länder auf Einhaltung "westlicher Standards" zu verpflichten. Obendrein fehlt es den bisher gestarteten Kooperationen an einem alle Projekte verbindenden Ankerprojekt, in dem die Bemühungen zusammengeführt werden. Auch in dieser Hinsicht hat China die EU-weit hinter sich gelassen. 

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