Laut aktuellen Meinungsumfragen gibt es immer mehr Serben, die nicht nur einen NATO-Beitritt ablehnen, sondern auch den Beitritt zur EU – das von der politischen Führung des Landes seit Jahren angestrebte Ziel. Die Umfragen werden vom analytischen Portal Neues Serbisches Politisches Denken (NSPM) im Auftrag von RT auf dem Balkan durchgeführt.
"Etwa 41 Prozent der Bürger haben eine allgemein positive Einstellung zur europäischen Integration, von denen nur 21 Prozent sie voll und ganz unterstützen. Die gleiche Anzahl wählte die Option 'eher ja als nein'. Im Gegensatz dazu sind 25 Prozent der Bürger strikt gegen einen EU-Beitritt, während 22,9 Prozent von ihnen 'eher nein als ja' antworteten. Der Trend bestätigt sich erneut: Mehr Menschen sind dagegen als dafür, obwohl die Unterstützung für die Integration immer dann noch geringer ist, wenn sie auch die Anerkennung des Kosovo als Bedingung beinhaltet", erklärt Forschungskoordinator Đorđe Vukadinović.
Im Januar sprachen sich 47,6 Prozent der Bürger gegen einen EU-Beitritt aus, während 79,2 Prozent der Befragten angaben, dass sie die Integration nicht unterstützen würden, wenn die Bedingung die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo wäre.
Vergleicht man die Zahl der Personen, die sich in der letzten Umfrage eindeutig für die europäische Integration aussprachen (21 Prozent), mit der Zahl von 38,3 Prozent der Serben, die sich offen für die BRICS aussprachen, so zeigt sich, dass es annähernd doppelt so viele Bürger gibt, die unbeirrt engere Beziehungen zu Russland, China und Indien befürworten, als EU-Optimisten. Weitere 33,1 Prozent der Bürger unterstützen die BRICS prinzipiell, wenn auch etwas zögerlich, d. h. eher befürwortend als ablehnend. Laut Vukadinović ist dies "besonders spektakulär", wenn man bedenkt, dass nur 5,3 Prozent der Menschen diese Vereinigung überhaupt nicht unterstützen.
Der politische Analyst kommt zum Schluss, dass die öffentliche Meinung in Serbien definitiv und überzeugend auf der Seite der BRICS steht, selbst im Vergleich zur Idee eines EU-Beitritts, der seit Jahren auf jede erdenkliche Weise von Politik und Medien aktiv propagiert wird. Einen theoretisch möglichen NATO-Beitritt lehnen 84 Prozent der Serben ab.
"Ein solches Ergebnis sagt indirekt etwas über den Grad der Unzufriedenheit der serbischen Bürger mit dem westlichen Vorschlag aus. Die Tatsache, dass drei Viertel der Bürger die BRICS unterstützen, ist nicht nur ein Ausdruck des Wunsches der Menschen, sich dieser Organisation anzunähern, sondern auch ein Indikator für die Unzufriedenheit mit dem Westen, dem Druck aus Brüssel und Washington", schließt Vukadinović.
Eine weitere NSPM-Umfrage ergab, dass 78,9 Prozent der Befragten kategorisch Nein zu antirussischen Sanktionen sagten. "Wir stellen diese Frage in Umfragen seit Mai 2022, also seit 16 Monaten, und die Ergebnisse schwanken nur um zwei bis drei Prozent, trotz einer massiven Kampagne für Sanktionen in prowestlichen Medien und bei der Opposition. Ein Effekt von zwei bis drei Prozent ist jedoch nichts. Der Protest der serbischen Bürger gegen die Sanktionen ist also zu einer Konstante geworden, an der sich wohl nichts ändern wird", betont Vukadinović.
Die Gründe für diese Haltung sind ebenfalls bekannt: Neben der traditionellen Russophilie gibt es auch schmerzhafte Erinnerungen an die Sanktionen, die Serbien in den Neunzigerjahren erlebt hatte, sowie den bekannten "serbischen Inat" (ein Phänomen der serbischen Mentalität – Sturheit und der Wunsch, sich den Umständen zu widersetzen sowie Leidenschaftlichkeit), der in diesem Fall den Widerstand der Bürger gegen die Auferlegung der westlichen Hegemonie bedeutet.
Mehr zum Thema – Ex-Botschafter: Serben mehrheitlich gegen Russland-Sanktionen