Anlass zur ersten Befürchtung geben Angriffe gegen Brücken über den Fluss Oskol im Raum des ukrainisch kontrollierten Kupjansk, die Russland bisher nicht unternommen hatte – begleitet von unvermindert intensiven Angriffen auf die vordersten Stellungen und das nahe Hinterland der Ukrainer am gesamten Frontabschnitt Charkow-Swatowo.
Die zweite Angst gründet auf den schieren Tagesfertigungsvolumen der schon zuvor wegen ihres Masseneinsatzes gefürchteten Geran-Kamikaze-Drohnen – ukrainische Aufklärungsdaten zufolge erhält das russische Militär von diesen Fluggeräten 50 Stück täglich nur von Russlands eigenen Fertigungslinien, Irans Lieferungen nicht einmal mit einberechnet.
Aktiver geworden sind Russlands Truppen am Frontabschnitt Donbass geworden:
Gegen Awdejewkas Vorort Sewernoje halten sie intensiven Druck aufrecht. In Marjinkas Vorort Krasnogorowka konnten sie eine wichtige Verteidigungsstellung erobern, sodass bald Kämpfe um diesen Vorort beginnen können.
Awdejewka hat die Ukraine zur Festung umgebaut und beschießt von dort aus Zivilisten in der Stadt Donezk – somit liegt das Ziel dieser russischen Aktivitäten klar auf der Hand: Über Sewernoje zu Orlowka vorzurücken, einem Versorgungsknotenpukt der ukrainischen Truppen in Awdejewka, mit dessen Befreiung man von ihrer operativen Einkesselung wird sprechen können – und mit Kontrolle Krasnogorowkas, das einen wichtigen Wehrpunkt darstellt, die Position der ukrainischen Truppen auf dem ganzen Teilabschnitt der Front von Awdejewka bis Marjinka instabil bis unhaltbar zu machen. Derweil legt das ukrainische Militär an nahezu allen Frontabschnitten eine Aktionspause ein, verlegt Reserven hin und her und gruppiert sich neu.
Juri Podoljaka ist ein ukrainischer politischer Blogger und Journalist aus Sumy, dessen Einsichten im Zeitraum um den Beginn der Intervention in den russischen Medien zunehmend gefragter wurden. Seine Analyseausgaben warten mit nur wenigen Zahlen auf, dafür vermittelt er anhand von Karten aber ein gutes Verständnis vom räumlichen Umfang der jeweiligen Entwicklungen und bietet dann und wann kurzfristige Prognosen.
An Quellen bemüht Podoljaka einerseits offen zugängliche Daten. Dies sind Meldungen von Augenzeugen in den sozialen Medien sowie Meldungen des russischen, aber auch des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Andererseits gibt er Insiderquellen an. Neben solchen in den Volksmilizen und Sicherheitsorganen der russischen Volksrepubliken Donezk und Lugansk seien dies solche in den ukrainischen Sicherheits- und Regierungsbehörden, die er aufgrund alter Beziehungen aus der Zeit als ukrainischer Journalist noch zu unterhalten erklärt. Um es mit dem aktuellen Jargon der Aufklärungsdienste auszudrücken, ist Juri Podoljaka also vornehmlich ein OSINT-Analyst.
Mehr zum Thema - Die Rückkehr des "Fleischwolfs von Bachmut": Wie die Ukraine in dieselbe Falle tappt