Noch im Oktober wird die Europäische Zentralbank (EZB) offiziell entscheiden, ob der digitale Euro eingeführt wird. Nach Meinung des Wirtschaftsjournalisten Norbert Häring sei schon längst darüber entschieden. In einem am Montag auf seiner Webseite veröffentlichen Artikel erläutert Häring, warum das digitale Zentralbankgeld zur Verhaltenslenkung größerer Gruppen oder sogar zur Verhaltenslenkung der ganzen Bevölkerung eingesetzt werden kann.
Zuletzt hatte Bayerns Ministerpräsident Söder die Einführung von programmierten digitalen Zahlkarten für Asylbewerber angekündigt. Mit den geplanten Zahlkarten könne man bereits das Konsumverhalten von Flüchtlingen steuern. Auf einer Veranstaltung des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat sich Bo Li, der frühere Vizechef der Zentralbank der Volksrepublik China, genauer über die Programmierungsmöglichkeiten der digitalen Währung ausgelassen. Auf dem IWF-Seminar "CBDCs für finanzielle Eingliederung: Risiken und Vorteile" (CBDC ist die englische Abkürzung für digitales Zentralbankgeld) hat er die Potenziale der geplanten Digitalwährung erklärt.
Demnach könne man diesem Zahlungsmittel gezielte politische Funktionen einprogrammieren, die Regierungsbehörden nach Bedarf einsetzen könnten. In seinem Vortrag nennt Bo Li als Beispiele programmierbare Sozialleistungen wie Konsumgutscheine oder Lebensmittelmarken. Mit gezielter Programmierung könne festgelegt werden, welchen Menschen welche Leistungen zur Verfügung ständen und wofür sie ihr digitales Geld verwenden dürften. Damit könnten staatliche Stellen ihre Unterstützung detailliert gestalten.
Wortwörtlich erklärt Li in seiner auf Youtube veröffentlichten Rede (ab min 18): "CBDC kann es Regierungsbehörden und privaten Anbietern ermöglichen, intelligente Verträge zu programmieren, um gezielte politische Funktionen zu ermöglichen." Als Beispiele nennt er Sozialleistungen, Konsumgutscheine und Lebensmittelmarken. "Durch die Programmierung von CBDC können diese Gelder genau darauf ausgerichtet werden, welche Art von Menschen sie besitzen können und wofür diese Gelder verwendet werden können, zum Beispiel für Lebensmittel. Diese potenzielle Programmierbarkeit kann also den staatlichen Stellen helfen, ihre Unterstützung genau auf die Menschen auszurichten, die diese benötigen."
Zwar soll der digitale Euro laut einem Verordnungsentwurf der EU-Kommission offiziell nicht programmierbar sein, aber nach Härings Recherche über die geplante Verordnung sei es mittels des geplanten Digitalgelds durchaus möglich, damit das Verhalten der gesamten Bevölkerung zu steuern. Inzwischen schaffe die EU bereits heimlich die Möglichkeit anonymer Kleinzahlungen im Internet ab. Daher hält es der Wirtschaftsjournalist für eine Illusion, dass die EU-Kommission den Bürgern langfristig erlauben wird, mit dem digitalen Euro größere Beträge anonym zu bezahlen.
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