Wegen Gebietsverlusten im Süden: Kiew könnte gegen General Saluschny ermitteln

Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee könnte wegen im Februar 2022 erfolgten Gebietsverlusten im Süden des Landes angeklagt werden. Laut einem Bericht wird im "Fall Saluschny" ermittelt, warum die Gebiete Cherson und Saporoschje "fast kampflos" von russischen Truppen unter Kontrolle gebracht wurden.

Wie die ukrainische BBC berichtet, wurden in dem "Fall Saluschny" bereits mehr als 50 Personen befragt. Demnach versuchen die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden, die Umstände zu klären, wie es zu Kriegsbeginn zu dem schnellen russischen Vormarsch im Süden des Landes kam und wie die Gebiete Cherson und Saporoschje "fast kampflos" von russischen Truppen unter Kontrolle gebracht werden konnten. 

Hochrangige ukrainische Militärbeamte teilten mit, dass damals die Zahl der ukrainischen Streitkräfte zu gering gewesen sei und unter anderem wichtige Brücken nicht gesprengt worden seien. Präsident Wladimir Selenskij und sein Team beharrten darauf, "nach den Verantwortlichen zu suchen", heißt es in dem Bericht.

Die Gesprächspartner der BBC gehen davon aus, dass die Ermittlungen auch Waleri Saluschny, den Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, treffen könnten. Bislang sei er jedoch weder von den Ermittlern vorgeladen noch offiziell in den Fall verwickelt worden. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Verfahrensstatus später auftaucht", heißt es in dem Artikel.

Der General hatte bereits vor einer Sonderkommission, die sich mit der Lage befassen sollte, über den Zusammenbruch der ukrainischen Verteidigungsanlagen im Süden ausgesagt. Der 50-Jährige bestand darauf, dass alle Anstrengungen in die Kriegsführung gesteckt werden sollten, anstatt Schuldzuweisungen zuzuschieben. Er erklärte, dass "jeder seine eigene Wahrheit" über die Ereignisse im Süden habe, berichtete die BBC unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Teilnehmer der Anhörungen.

In den ersten Kriegstagen im Februar 2022 rückte Moskau schnell gegen die ukrainischen Streitkräfte vor. Die meisten Erfolge erzielten die russischen Truppen im Süden der Ukraine, indem sie schnell die Verteidigungslinien lokaler Streitkräfte durchbrachen und weite Gebiete eroberten, darunter das Kernkraftwerk Saporoschje, das größte Kernkraftwerk in Europa.

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