Deutschland hat "bis auf weiteres" die Praxis der Aufnahme von Migranten, die über Italien einreisen, ausgesetzt, berichtete Die Welt am Mittwoch. Die Zeitung zitierte Vertreter des Innenministeriums, wonach die Entscheidung aufgrund des "hohen Migrationsdrucks" getroffen wurde und Ende August in Kraft trat.
In ihrem Bericht gab Die Welt die Beamten mit den Worten wieder, der "freiwillige Solidaritätsmechanismus" sei auf Eis gelegt worden, weil sich Italien konsequent weigere, die Dublin-Verordnung einzuhalten. Gemäß dieser Verordnung muss der Antrag eines Asylbewerbers von dem Land bearbeitet werden, in dem er zuerst ankommt. Beantragt die Person "Schutz in einem anderen Dublin-Land, wird sie in das Land zurückgeschickt, in das sie eingereist ist".
Dem Zeitungsartikel zufolge habe Rom im Dezember vergangenen Jahres den anderen EU-Mitgliedsstaaten mitgeteilt, dass es die Rücküberstellung von Migranten nach Italien "für einen begrenzten Zeitraum" wegen "plötzlich auftretender technischer Probleme" im Zusammenhang mit der Aufnahmekapazität des Landes aussetze. Entgegen der Formulierung "für einen begrenzten Zeitraum" ist diese Aussetzung seither in Kraft, so Die Welt.
Laut dem Artikel wurde im Juni von Deutschland und Frankreich auch der "freiwillige Solidaritätsmechanismus" ins Leben gerufen, um 10.000 Asylbewerber, die in Italien und anderen EU-Ländern angekommen waren, vorübergehend auf die EU-Mitgliedsstaaten umzuverteilen. Die Idee war, den Druck von diesen Ländern zu nehmen. Die deutsche Regierung versuche nun schon seit einiger Zeit, die Einreise von Migranten aus anderen sicheren Ländern in ihr Hoheitsgebiet zu unterbinden.
Derzeit ist Berlin für Asylbewerber zuständig, die bereits in einem anderen Land registriert wurden, dann aber nach Deutschland eingereist sind ‒ es sei denn, das Land, in das die Person eingereist ist, erklärt sich bereit, sie gemäß der Dublin-Verordnung innerhalb von sechs Monaten wieder aufzunehmen.
Unterdessen habe das italienische Innenministerium im vergangenen Monat gemeldet, dass seit Jahresbeginn 89.158 illegale Migranten in kleinen Booten über das Mittelmeer gekommen seien ‒ ein Anstieg um 115 % im Verhältnis zum gleichen Zeitraum des Jahres 2022. Rom rief im April den Notstand aus. Die steigende Zahl der Neuankömmlinge habe dazu geführt, dass Italiens wichtigstes Auffangzentrum für Migranten auf der Insel Lampedusa überlastet sei. Die rechtsgerichtete Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni habe zwar eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die illegale Migration einzudämmen, doch sie hätten den Zustrom bisher kaum eindämmen können.
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