Während des letzten Heimspiels von Śląsk Wrocław gegen Zagłębie aus Lubin kam es zu einer historisch-politischen Kundgebung der polnischen Fußball-Ultras. Wie das Nachrichtenportal Wrocławskie fakty am Sonntag berichtete, haben die Fans der Wrocławer Mannschaft auf den Tribünen mit mehreren Riesenbannern an das Wolhynien-Massaker erinnert.
Als erstes erschien ein Transparent auf den unteren Rängen mit dem Slogan: "Völkermord zum Schweigen gebracht, weil die Opfer Polen waren". Doch dabei blieb es nicht. Wenige Augenblicke später erschien mittig auf der Tribüne ein großformatiges Stadionbanner mit der Aufschrift "80 Jahre beschämendes Schweigen liegen hinter uns – WOŁYÑ '43".
Weitere Spruchbänder waren offenbar von Hand bemalt und tauchten auf, kurz nachdem das Hauptspiel bereits angepfiffen worden war. Unter ihnen gab es solche starken Slogans wie: "Ukrainer ermordeten Kinder in Wolhynien", "Scheiß auf die UPA" oder das auch sonst weit verbreitete "Stoppt die Ukrainisierung Polens".
Das sogenannte Wolhynien-Massaker wurde von den Truppen der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) während des Zweiten Weltkrieges in der westukrainischen Region Wolhynien im Sommer 1943 an polnische Zivilbevölkerung begangen. Verschiedenen Schätzungen zufolge kamen bis zu 100.000 Menschen dabei ums Leben. Überlebende berichteten über beispiellose Bestialität der Angreifer, die alles und jeden auf ihrem Weg töteten. In der Ukraine werden die UPA-Anführer als Kämpfer für die Unabhängigkeit glorifiziert, was in Polen für Unmut sorgt.
Der Fall wird nun vom Organisator dieses Fußball-Wettbewerbs, der polnischen Oberliga, aufgegriffen. Nach Angaben der polnischen Medien wird die Ligakommission bei einer Sitzung am 2. August eine Bestrafung des Vereins Śląsk Wrocław in Erwägung ziehen. Wrocławskie fakty war in der Beurteilung des Vorfalls unschlüssig und forderte seine Leser zur Diskussion auf, ob die Slogans auf den Spruchbändern antiukrainisch waren oder gerechte historische Wahrheit einforderten.
In einer später erschienen Stellungnahme hat ein Sprecher des Vereins sich von den auf den Slogans vertretenen Positionen distanziert. "Wir möchten darauf hinweisen, dass die darin enthaltenen Slogans nicht die Position des Vereins sind", sagte er. Dabei meinte er offenbar die kleineren Transparente.
Er vermutete, dass sie wegen ihrer geringeren Größe nicht in fertiger Form ins Stadion gebracht wurden – die Aufschriften könnten bereits im Stadion angebracht worden sein, z.B. in den Toiletten, wo es keine Videoüberwachung gibt. Die verantwortlichen Personen, die nun per Videoaufzeichnung identifiziert werden, könnten mit Stadionverboten belegt werden, meinte der Sprecher.
Der polnische Präsident Andrzej Duda besucht regelmäßig die Ukraine und betont die politische Einigkeit beider Länder. Historische Traumata werden auf der polnischen Seite nur in einer abgemilderten, politisch korrekten Form thematisiert, während die ukrainische Seite kein Interesse an der kritischen Aufarbeitung der Verbrechen zeigt.
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