Eine Richterin des Bezirksgerichts Den Haag, die sich im Fall des Absturzes von Flug MH17 öffentlich mit Kritik zu den Schlussfolgerungen der niederländischen Staatsanwaltschaft äußerte, ist zurückgetreten, berichtet der Niederländische Rundfunk.
Nach Angaben des Fernsehsenders bezeichnete sie die Hypothese des niederländischen Sicherheitsrates und der Staatsanwaltschaft in dem Fall als "absichtliche Vertuschung" und in einigen Punkten sogar als "Manipulation und Lüge".
Der Bruder der Richterin ist Autor eines Buches, in dem er behauptet, dass die malaysische Boeing nicht von einer russischen Rakete abgeschossen wurde. Die Frau verteilte die Bücher an die Richter und Staatsanwälte, die mit dem Fall Flug MH17 befasst waren. Dafür wurde sie vom Obersten Gerichtshof schriftlich gerügt, da ihr Verhalten "das Vertrauen in die Autorität der Justiz untergraben" habe. Außerdem wurde sie aus der Abteilung des Bezirksgerichts für Strafsachen in eine andere Abteilung versetzt. Daraufhin trat die Richterin zurück.
Die malaysische Boeing MH17 stürzte am 17. Juli 2014 auf dem Flug von Amsterdam nach Kuala Lumpur in der Nähe von Donezk ab. An Bord befanden sich 298 Menschen, die alle starben. Kiew machte sofort die Miliz der Volksrepublik Donezk für den Absturz verantwortlich, die jedoch nach eigenen Angaben nicht über die Mittel verfügte, um das Flugzeug in einer solchen Höhe abzuschießen.
Der MH17-Prozess fand zwischen 2020 und 2022 vor dem Bezirksgericht Den Haag statt. Die Russen Igor Girkin, Sergei Dubinski, Oleg Pulatow und der Ukrainer Leonid Chartschenko wurden beschuldigt, an dem Absturz beteiligt gewesen zu sein. Die Untersuchung wurde von einer gemeinsamen Ermittlungskommission unter Leitung der niederländischen Generalstaatsanwaltschaft durchgeführt. Russland war nicht beteiligt.
Den Ermittlungen zufolge wurde die Boeing von einem von Milizen kontrollierten Gebiet aus mit einem Buk-Flugabwehrraketensystem abgeschossen, das der 53. Flugabwehrraketenbrigade aus Kursk gehört habe. Es wurde angeblich aus Russland geliefert und dann zurückgebracht. Russland übergab den Niederlanden Radardaten sowie Unterlagen, aus denen hervorging, dass die Rakete, die die Boeing traf, der Ukraine gehörte und von dem von Kiew kontrollierten Gebiet aus abgeschossen wurde, aber diese Informationen wurden von den Ermittlern ignoriert.
Die Ukraine weigerte sich, die Daten ihrer Radargeräte zur Verfügung zu stellen, und die Vereinigten Staaten weigerten sich, der Untersuchungsgruppe Satellitenbilder zu übergeben, die angeblich den Moment des Abschusses der Rakete zeigten.
Das Bezirksgericht Den Haag verurteilte schließlich am 17. November 2022 Girkin, Dubinski und Chartschenko in Abwesenheit zu lebenslanger Haft und einer Gesamtstrafe von 16 Millionen Euro. Pulatow hingegen wurde von der Anklage freigesprochen. Die Richter zeigten sich überzeugt, dass die MH17 mit einem zuvor aus Russland gelieferten BUK-Luftabwehrsystem abgeschossen worden war.
Wer genau es bedient habe, vermochte das Gericht nicht festzustellen. Auch ging es davon aus, dass die Bediener in der Überzeugung gehandelt hätten, eine ukrainische Militärmaschine im Visier zu haben. Es habe nach Auffassung des Gerichts ebenso wenig das Recht bestanden, eine ukrainische Militärmaschine abzuschießen, weshalb trotz des Irrtums die volle strafrechtliche Verantwortung eintrete. Die Verurteilten hätten zwar nicht selbst gehandelt, aber entweder durch die Lieferung des Luftabwehrsystems die Voraussetzungen geschaffen oder trotz Möglichkeit nichts unternommen, um den Einsatz der Buk zu verhindern. Im Ergebnis beruht das Urteil darauf, dass es den Donbass-Aufständischen das Recht abspricht, sich gegen ukrainische Luftangriffe zu verteidigen.
Das russische Außenministerium erklärte nach der Verhandlung, dass das Gericht die Beweise selektiv aufgenommen und die Grundsätze einer unparteiischen Justiz missachtet habe. Das russische Außenministerium fügte hinzu, dass der Verlauf und das Ergebnis des Prozesses zeigen würden, dass dieser auf einem politischen Auftrag beruhe, um die Theorie einer russischen Beteiligung zu untermauern.
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