Die Grüne Partei Irlands, die wie andere Grüne gemeinhin als linke Partei gilt, stellt zusammen mit den beiden üblicherweise als liberal-/christlich-konservativ bezeichneten Parteien Fianna Fáil und Fine Gael gegenwärtig die Regierung der Republik Irland. Ein zentrales Gesetzgebungsvorhaben der Koalition ist eine Änderung des Strafrechts, die auf eine drastische Einschränkung der freien Meinungsäußerung und auf Zensur hinausläuft. Die irischen Grünen befürworten das Projekt, um, wie deren Parteivorsitzende Pauline O'Reilly formulierte, zum Schutz der Freiheit "die Freiheit einzuschränken."
Debatte in Irland
In der irischen Öffentlichkeit sind die Gesetzesänderungen seit 2022 äußerst umstritten, denn sie gefährden die Meinungsfreiheit, indem unbestimmte Rechtsbegriffe in die Gesetzgebung eingeführt werden. Offiziell sollen mit dem Gesetz "Aufstachelung zu Gewalt oder Hass" gegen – wie es heißt – Menschen mit "geschützten Merkmalen" sowie "Billigung, Leugnung oder grobe Verharmlosung von Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen gegen den Frieden" unter Strafe gestellt werden. Unter "geschützten Merkmalen" werden unter anderem "Rasse, Hautfarbe, Nationalität, Religion, Geschlecht, sexuelle Ausrichtung oder Behinderung" verstanden. Als Strafmaß sind bis zu fünf Jahre Gefängnis vorgesehen.
Die konservative irische Regierungskoalition kann dabei auf die Mitwirkung der Linken, zumindest derjenigen, die sich selbst für 'links' halten oder als 'links' gelten, zählen. Denn wie das Portal Zerohedge feststellt, sei die "Einschränkung der Redefreiheit (...) für viele Linke zu einem Glaubensartikel geworden." Parallel zur Entwicklung in den USA, wo sich die als 'liberal' geltende Demokratische Partei ebenso von den "Werten der Meinungsfreiheit" abgewandt habe, habe sich in den westlichen Ländern eine "Bewegung gegen die freie Meinungsäußerung" herausgebildet, die in Orwellscher Manier behaupte, "die Freiheit zu schützen, indem sie die Freiheit einschränkt."
Die liberalen (oder in Europa als links geltenden) Parteien würden in ihrem Kampf gegen abweichende Meinungen Begriffe wie Desinformation, Fehlinformation oder Falschinformation verwenden, um missliebige Positionen zum Schweigen zu bringen. Statt des Begriffes "Zensur" würden sie laut Zerohedge von "Inhaltsmoderation" sprechen. Daher seien die Parallelen zur ideologischen Dressur und Repression, wie sie George Orwell in seinem Roman "1984" beschrieben habe, mit Händen zu greifen.
Grüne für Zensur
Diese Zensurbemühungen der Grünen seien in dieser Woche im irischen Senat (Seanad Éireann), dem Oberhaus des Parlaments, deutlich geworden. Dort habe die Parteivorsitzende Pauline O'Reilly erklärt:
"Wenn man darüber nachdenkt, geht es bei jedem Gesetz und jeder Gesetzgebung um die Einschränkung der Freiheit. Das ist genau das, was wir hier tun. Wir schränken die Freiheit ein, aber wir tun es für das Gemeinwohl."
Die irische Grünen-Chefin habe den Bürgern versichert, dass der Verzicht auf Freiheit nichts Ungewöhnliches oder Bedrohliches sei:
"In unserer gesamten Verfassung kann man sehen, dass man zwar Rechte hat, diese aber zum Wohle der Allgemeinheit eingeschränkt werden. Alles muss ausgewogen sein."
Bedenklich an dem Gesetzesvorhaben ist die Absenkung der Hürden für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. So erklärte O'Reilly weiter:
"Wenn die Ansichten einer Person über die Identität anderer Menschen ihr Leben unsicher machen und ihnen ein so tiefes Unbehagen bereiten, dass sie nicht in Frieden leben können, ist es unsere Aufgabe als Gesetzgeber, diese Freiheiten zum Wohle der Allgemeinheit einzuschränken."
Darüber hinaus stellt Zerohedge fest, O'Reilly gebe bemerkenswerterweise zu, hasserfüllte Äußerungen seien nichts Neues. Nur müsse man nun solche Stimmen aufgrund der neuen technischen Möglichkeiten unterdrücken:
"Die sozialen Medien haben den Hass geschürt, aber sie haben auch die schmutzige, dreckige Schattenseite des Hasses in der irischen Gesellschaft für uns alle sichtbar gemacht. Diesen Hass hat es immer gegeben."
Gefährliche Vorbildfunktion
Wie Zerohedge und – bereits Anfang Mai 2023 – auch der Anti-Spiegel bemerkten, besteht die Gefahr, dass die irische Gesetzgebung in weiten Teilen der Welt nachgeahmt werden könnte, sollte der Widerstand gegen die Beschneidung der freien Meinungsäußerung in Irland und Europa zu schwach ausfallen. Die Europäische Union, so die Befürchtung, könnte solche Forderungen nach Zensur, wie sie von den Grünen – quasi als Vorreiter der anderen etablierten Parteien – erhoben werden, dankbar aufgreifen und die Meinungsfreiheit einschränken.
Neben der Unbestimmtheit von Begriffen wie "Hassrede", für die das Gesetz keine exakte Definition vorsieht, sei die vorgesehene Umkehrung der Beweislast besonderes beunruhigend. Nicht der Staat müsse mehr die Schuld des Angeklagten nachweisen, sondern der Beschuldigte müsse seine Unschuld dokumentieren. Dies dürfte sich als schwierig erweisen. Kritiker des Gesetzes betonen, dass nicht nur veröffentlichte Materialien der staatlichen Kontrolle und Zensur unterliegen sollen, sondern sogar unveröffentlichte Inhalte auf elektronischen Geräten als potenziell strafbar gelten.
Schon "Persönlichkeiten wie Hillary Clinton" hätten versucht, die europäischen Länder dazu zu bringen, Twitter zu zwingen, die kürzlich erst abgeschafften Zensurregeln wieder einzuführen. Weil aber die an Unternehmen ausgelagerte Zensur im Zweifelsfall – eben siehe Twitter – unzuverlässig sei und ungewiss bleibe, ob die Nutzer diese Art von Zensur akzeptieren würden, setzten Clinton und ihresgleichen auf die altbekannte staatliche Zensur. Sie gingen sogar so weit, andere Staaten aufzufordern, die Meinungsäußerungen US-amerikanischer Bürger zu zensieren.
Wie Zerohedge betont, stehe Irland "nun am Abgrund der Freiheit". Dass weite Teile der irischen Gesellschaft die Einschränkung der Meinungsfreiheit per Gesetz befürworteten, sei "von erdrückender Ironie". Von radikaler Seite kämen Äußerungen wie diese:
"Solange wir Fäuste und Stiefel haben, wird es keine Redefreiheit für Verräter geben."
Die westlichen Staaten, die jahrzehntelang nach innen und außen die Rede- und Meinungsfreiheit als Kernbestandteil ihres Demokratieverständnisses hervorgehoben hätten, könnten jetzt – dem irischen Beispiel folgend – erklären, dass die Redefreiheit für sogenannte "Hater/Hasser" nicht gelte. Wobei der Staat wegen der fehlenden Definition im Gesetz fallweise entscheiden könnte, wer Hater/Hasser ist und wer nicht.
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