Russland habe seine Taktik auf dem Schlachtfeld geändert und in Vorbereitung auf eine ukrainische Gegenoffensive die Disziplin, Koordination und Luftunterstützung verbessert, schrieb die Zeitung The New York Times (NYT) unter Berufung auf Interviews mit 17 ukrainischen Soldaten, Kriegsgefangenen, Offizieren, ausländischen Söldnern und westlichen Beamten. Ein ukrainischer Soldat sagte dem Nachrichtenmagazin:
"Ich habe noch nie so viel Feuer aus so vielen Stellungen gesehen."
Insbesondere in der Schlacht um Artjomowsk (ukrainisch Bachmut) hätten die russischen Truppen ein "hohes Maß an Geschick und Ausrüstung" bewiesen, schrieb die New York Times (NYT). Die Schlacht sei "Teil einer geduldigen, disziplinierten Operation", die zeigen würde, dass das russische Militär aus seinen Fehlern lernt. Russland hatte die Einnahme von Artjomowsk Ende Mai bekannt gegeben und danach von mehreren Versuchen ukrainischer Truppen berichtet, die Verteidigungsanlagen zu durchbrechen.
Russische Panzerkonvois würden nicht mehr in Gebiete eindringen, in denen sie schnell beschädigt oder zerstört werden könnten, die Truppen würden häufiger Drohnen einsetzen und "Sondierungsangriffe" durchführen, nannte die Zeitung Beispiele für die Änderung der Taktik.
Die ukrainischen Truppen, die ihre Gegenoffensive gestartet haben, seien dank westlicher Waffenlieferungen gut bewaffnet, aber Moskau habe "seine Verteidigung, Artilleriekoordination und Luftunterstützung verbessert", so die NYT. Diese Verbesserungen würden Russland wahrscheinlich zu einem stärkeren Gegner machen, vor allem in der Verteidigung, wo es seine Stärken ausspielt, so westliche Beamte.
Anfang Juni meldete das russische Verteidigungsministerium eine Offensive der Ukraine, die nach Angaben des Ministeriums eingedämmt wurde. Am 9. Juni erklärte Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit russischen Militärkorrespondenten, dass die ukrainischen Streitkräfte eine Gegenoffensive gestartet hätten, aber "der Feind in keinem der Gebiete erfolgreich gewesen" sei. Er sagte, dass "Russland zehnmal weniger Opfer zu beklagen hat als die Ukraine". Ihm zufolge habe Kiew bei den Angriffen bis zu 30 Prozent der vom Westen gelieferten militärischen Ausrüstung verloren, während sich die russischen Verluste auf 54 Panzer beliefen, von denen einige geborgen werden konnten.
Der ukrainische Staatschef Wladimir Selenskij behauptete am nächsten Tag, dass die ukrainischen Streitkräfte in der Offensive seien. In dieser Woche räumte er ein, dass die ukrainischen Truppen auf sehr ernsthaften Widerstand stießen. Michail Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidialamtes, behauptete seinerseits, die ukrainischen Streitkräfte hätten noch keine Gegenoffensive gestartet, sondern führten "Tests" durch, die es ihnen ermöglichten, "voranzukommen".
Auch westliche Vertreter räumten ein, dass die Offensive der ukrainischen Streitkräfte äußerst schwierig sei, während die russischen Truppen sich geschickt verteidigten, berichtete die BBC.
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