Jedes Jahr übernimmt eines der OSZE-Länder den Vorsitz in der Organisation, wobei die Kandidatur von allen OSZE-Mitgliedern genehmigt werden muss. Estland hatte sich für die Führung im Jahr 2024 beworben. Eine geplante Einigung sei aber gescheitert, da Moskau und Minsk einem estnischen OSZE-Vorsitz ihre Zustimmung verweigerten, berichtet die finnische Rundfunk- und Fernsehanstalt Yle. Tallinn hingegen wolle die Aussicht, Vorsitzender der Organisation zu werden, nicht aufgeben.
Wegen des fehlenden Konsenses könne das Bündnis in den kommenden sechs Monaten mit einer Krise konfrontiert werden, hieß es. In diesem Zusammenhang befürchte der finnische Außenminister Pekka Haavisto (Grüne), dass das Bündnis auseinanderfallen könne, bevor Finnland 2025 den Vorsitz übernehmen werde. Ihm zufolge sei die Lage ernst. Hierbei zitiert Yle Haavisto mit den Worten:
"Wenn es im Jahr 2024 keinen Vorsitz gibt und es in dieser Frage keinen Konsens gibt, dann wird nächstes Jahr das Jahr der Zerstörung der OSZE als Organisation sein."
Der russische Außenminister, Sergei Lawrow, hatte zuvor in einem Interview erklärt, die OSZE werde zu einer marginalen Randgruppe. Der Westen versuche schon seit Jahren, eine Art gewaltsame Übernahme der OSZE durchzuführen und sich diese Plattform zu eigen zu machen. Die OSZE-Kompetenzen würden an engere, nicht inklusive Formate vergeben, so Lawrow. Die OSZE sei geschaffen worden, um die Beziehungen zwischen Ost und West zu entschärfen. Der westliche Kurs auf Dominanz und eine bedenkenlose NATO-Erweiterung habe aber die Bedeutung der OSZE als kollektives Instrument entwertet. Diesbezüglich führte Russlands Außenminister aus:
"Der Westen tut genau das, wogegen die OSZE geschaffen wurde – er gräbt Trennlinien. Wo aber gegraben wird, kann jemand begraben werden. Ich befürchte, dass dies speziell für die OSZE getan wird."
Selbst wenn europäische Nachbarländer und ehemalige Partner Russlands plötzlich daran interessiert sein sollten, die Zusammenarbeit im europäischen Sicherheitsbereich wiederherzustellen, so werde es keine Wiederherstellung geben. Lawrow stellte klar:
"Denn Wiederherstellung bedeutet etwas, das einst bereits existiert hatte. Aber es wird kein 'Business as usual' mehr geben."
Auch der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko warf jüngst der OSZE vor, sie tue alles, um einen Krieg in Europa auszulösen. Minsk habe zusammen mit Moskau dem Bündnis noch vor dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine wiederholt vorgeschlagen, zusammenzukommen und bestehende Probleme zu besprechen, sagte Lukaschenko gegenüber der Agentur BelTA. Das Ergebnis dieser Bemühungen beschrieb er mit den Worten:
"Null. Es ist keine Diskussion erforderlich. Dies deutet darauf hin, dass eines notwendig ist: Krieg. Und sie tun alles, um uns an den Rand dieses Kriegs zu führen, diesen Krieg zu entfesseln."
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