Griechenland hat sich Ungarn, dessen Behörden den Entwurf des elften EU-Sanktionspakets gegen Russland öffentlich kritisiert haben, angeschlossen. Dies berichtete das Magazin Politico unter Berufung auf fünf diplomatische Quellen. Um neuen restriktiven Maßnahmen gegen Moskau zuzustimmen, fordern Budapest und Athen, dass ihre Unternehmen von einer von der Ukraine erstellten Liste der "Kriegssponsoren" gestrichen werden, so die Zeitung.
Die EU diskutiert seit dem Frühjahr über das elfte Sanktionspaket gegen Russland. Nach den Vorstellungen Brüssels soll es darauf abzielen, die Umgehung bereits bestehender restriktiver Maßnahmen zu verhindern und jene zu bestrafen, die dagegen verstoßen, so die Europäische Kommission.
Den Quellen von Politico zufolge wollen Ungarn und Griechenland das kollektive Sanktionsabkommen "durchkreuzen" und "als politisches Druckmittel" einsetzen, um ihre Unternehmen von einer ukrainischen Liste sogenannter "Kriegssponsoren" zu streichen. Auf der Liste stehen fünf griechische und ein ungarisches Unternehmen, die nach Angaben der Verfasser der Liste trotz der Sanktionen weiterhin mit Russland zusammenarbeiten.
Die Position der beiden Länder stand Ende Mai im Mittelpunkt einer angespannten Diskussion der EU-Außenminister, so die Quellen der Zeitung. Während des Meinungsaustauschs richtete sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit ihrer Kritik direkt an Ungarn.
Griechenland ist den Gesprächspartnern von Politico zufolge der Ansicht, dass Maßnahmen zur Umgehung von Sanktionen erst dann ergriffen werden sollten, wenn die entsprechenden Informationen den betroffenen EU-Mitgliedsstaaten mitgeteilt, untersucht und bestätigt wurden. Griechische Firmen, die auf der ukrainischen Liste stehen, werden beschuldigt, "Sponsoren des Terrorismus" zu sein, obwohl sie nicht gegen die Sanktionen verstoßen, erläutert ein europäischer Diplomat die Haltung Athens. Eine andere diplomatische Quelle sagte:
"Wir haben kein Problem mit dieser Position, aber unabhängig davon wollen wir natürlich das nächste Sanktionspaket."
EU-Diplomatie-Chef Josep Borrell hat bereits versprochen, die Kontroverse um die ukrainische Liste europäischer Unternehmen zu klären. Zwei ungenannte Diplomaten sagten der Zeitung, Borrell wolle mit der Ukraine daran arbeiten.
Politico zufolge gibt es noch keinen klaren Zeitplan für die nächsten Gespräche über Sanktionen mit den EU-Vertretern, und die Position Griechenlands und Ungarns, so die Diplomaten, hindere sie nicht daran, andere Bestimmungen des elften Pakets zu diskutieren. In einem Punkt sei man sich jedoch weitgehend einig: Man wolle sich auf ein weiteres Maßnahmenpaket einigen.
Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó erklärte wiederum, Budapest halte weitere Maßnahmen nicht für notwendig, da die bisherigen Sanktionen Russland weit weniger geschadet hätten als Europa. Der Außenminister sah in den Vorschlägen für das elfte Paket Risiken für die europäischen Exporteure und die Beziehungen zwischen Brüssel und Peking.
Die Europäische Kommission hatte im Mai Sanktionen gegen mehrere chinesische Unternehmen angekündigt. Peking sah in diesen Plänen eine Gefahr für die Beziehungen zwischen China und der EU und rief dazu auf, "keinen Fehler zu machen".
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