Die von Großbritannien eingefrorenen Vermögenswerte sanktionierter russischer Personen und Institutionen sollen so lange gesperrt bleiben, bis Russland zustimmt, die Ukraine zu entschädigen. Dies berichtete der Guardian am Donnerstag. Britische Beamte, die die Meldung bestätigten, hätten angegeben, Tag und Nacht mit Kollegen aus EU-Staaten daran zu arbeiten, wie das russische Vermögen beschlagnahmt werden könne. Eine Lösung sei bisher nicht gefunden worden, hieß es. Abgeordnete der regierenden Tory-Partei, der oppositionellen Labour-Partei sowie die ukrainische Regierung würden darauf drängen, dass das im Vereinigten Königreich eingefrorene russische Staatsvermögen vollständig beschlagnahmt und direkt zum Wiederaufbau der Ukraine verwendet wird. Im vergangenen Jahr wurde russisches Vermögen im Wert von schätzungsweise 26 Milliarden Pfund eingefroren.
Weiter berichtet der Guardian, dass sich im Westen derzeit eine alternative, "aus rechtlicher Sicht weniger riskante" Strategie herauskristallisiere, wonach westliche Länder russische Vermögenswerte behalten könnten, bis Russland sich bereit erkläre, die Ukraine zu entschädigen. Der Zeitung zufolge weigere sich die britische Regierung überdies, Vermögen der russischen Zentralbank zu beschlagnahmen, aus Angst, einen Präzedenzfall zu schaffen, der das internationale Finanzsystem lahmlegen und Gegenmaßnahmen gegen das Vereinigte Königreich provozieren könnte.
Am Dienstag habe der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des britischen Unterhauses auf Expertenebene über den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg diskutiert, hieß es weiter. Antonios Tzanakopoulos, Professor für öffentliches Völkerrecht am St. Anne's College der Universität Oxford, argumentierte, dass die souveränen Vermögenswerte der Russischen Föderation Immunität genießen. Eine Veräußerung oder eine Beschlagnahme der Vermögenswerte als eine Strafmaßnahme sei nach dem Völkerrecht ausdrücklich nicht zulässig, so der Experte. Die Entscheidung, russisches Vermögen einzufrieren, solle ihm zufolge daher nur vorübergehend und umkehrbar sein.
Vergangene Woche berichtete die Welt unter Berufung auf ein internes EU-Dokument, dass die Europäische Union das Geld aus den Russland-Sanktionen irgendwann an Moskau zurückgeben müsse. Obwohl der politische Wille dafür vorhanden sei, könne die EU das eingefrorene Eigentum nicht einfach beschlagnahmen, stellte die Zeitung unter Berufung auf das Dokument fest. Eine Lösung könnte darin bestehen, die Mittel zu investieren. Die Ukraine sollte also nicht die Gelder selbst, sondern nur die Erträge daraus erhalten. Mehreren Quellen zufolge sei es jedoch schwierig, die russischen Reserven im Ausland nachzuverfolgen. Bei den Vermögenswerten der russischen Zentralbank handele es sich nicht um Goldbarren, die an einem Ort gestapelt sind, sondern um verschiedene Konten, deren Eigentümer mitunter schwer zu bestimmen seien.