Die polnische Regierung hat am Samstag Beschränkungen für den Import einiger Waren aus der Ukraine bis Ende Juni angekündigt. Unter das Verbot fallen Getreide, Zucker, Obst, Gemüse, Wein, Fleisch, Milch und Milchprodukte. Jarosław Kaczyński, der Vorsitzende der regierenden Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit), erklärte, die Maßnahmen seien ergriffen worden, um den polnischen Agrarsektor zu schützen. Der Politiker betonte, Polen bleibe ein Freund und Verbündeter der Ukraine und werde sie weiterhin voll und ganz unterstützen. Doch die Aufgabe der Führung jedes Staates sei es in erster Linie, die Interessen seiner Bürger zu wahren.
Das Importverbot gelte auch für den Transit des Getreides in Drittländer, twitterte der polnische Minister für Entwicklung und Technologie, Waldemar Buda, am Sonntag. Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenamtes, kommentierte seine Worte. Diese Entscheidung sei äußerst aufschlussreich, da sie die "imaginäre Sorge des Westens für die Hungrigen und Bedürftigen" demonstriere. Zudem spreche Warschau mit Kiew nur so lange, "wie es Kiew als antirussisches Instrumentarium" brauche, schrieb sie auf Telegram, und fügte hinzu:
"Wenn aber die Grenze einmal verschwommen ist und die Überreste der Ukraine von Warschau absorbiert werden, wird niemand mit der lokalen Bevölkerung reden."
Nach Polen hat auch Ungarn den Import landwirtschaftlicher Produkte aus der Ukraine verboten. Laut Landwirtschaftsminister István Nagy sollen die ukrainischen Landwirte damit begonnen haben, neben Getreide auch andere Waren auf den europäischen Markt zu exportieren. Aufgrund des zollfreien Regimes für die Einfuhr ukrainischer Waren und der niedrigen Kosten dafür könnte der Agrarsektor in Ungarn leiden, erklärte er.
Ein Sprecher der Europäischen Kommission kommentierte diese Entwicklungen und sagte gegenüber Reuters, "in solch herausfordernden Zeiten" sei es wichtig, alle Entscheidungen "innerhalb der EU zu koordinieren und aufeinander abzustimmen."
"In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass die Handelspolitik in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt und daher einseitige Maßnahmen nicht akzeptabel sind."
Auch Kiew zeigte sich unzufrieden mit den Vorhaben in den beiden Nachbarländern. Am Samstag erklärte das ukrainische Ministerium für Agrarpolitik, dass die Entscheidung der polnischen Behörden den zuvor getroffenen Vereinbarungen widerspreche: "Wir verstehen, dass sich die polnischen Landwirte in einer schwierigen Lage befinden, aber wir betonen, dass sich die ukrainischen Landwirte in der schwierigsten Lage befinden", hieß es in einer Erklärung.
Der ukrainische Minister für Agrarpolitik, Nikolai Solski, äußerte die Hoffnung, dass Polen und die Ukraine am Montag entsprechende Verhandlungen führen werden. Laut der Agentur Ukrinform hatte Solski zuvor erklärt, dass jeden Monat 500.000 bis 700.000 Tonnen verschiedener landwirtschaftlicher Produkte aus der Ukraine nach Polen geliefert würden, darunter Getreide, Butter, Zucker, Eier und Fleisch. Ein erheblicher Teil dieses Volumens werde anschließend in andere Länder transportiert, stellte der Minister fest.
Seit Juli 2022 exportiert Kiew ukrainisches Getreide über seine Seehäfen gemäß dem in Istanbul unter Beteiligung der Vereinten Nationen, Russlands, der Türkei und der Ukraine geschlossenen Getreideabkommen. Russland zeigte sich wiederholt unzufrieden mit der Funktionsweise dieses Abkommens und behauptet, dass die russischen Bedingungen der Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Laut Außenminister Sergei Lawrow werde Moskau künftig überlegen, ob das Abkommen generell Sinn mache, wenn es keine Fortschritte bei der Beseitigung von Hindernissen für den Export von Düngemitteln und Lebensmitteln gibt.
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