Wagner-Sturmtrupps haben ukrainische Einheiten aus dem Stadtzentrum von Artjomowsk verdrängt. Dies stellten die Soldaten des russischen privaten Militärunternehmens auf etwas kuriose Weise fest: Nachdem sie bei einem überaus erfolgreichen Vorstoß am Abend des 03. April 2023 die Stadtmitte in voneinander getrennte Bereiche teilten, fanden sie in diesen am nächsten Morgen keine ukrainischen Truppen mehr vor: Kiews bewaffnete Formierungen zogen sich, um nicht in einen oder mehrere isolierte operative Kessel dort zu geraten, auf Verteidigungslinien in den westlichen Standbezirken zurück, in Höhe der Hotels nur wenig östlich des Bahnhofs Bachmut-1. Stand 05. April keilten sich die Wagner-Truppen jedoch bereits wieder in ebendiese, neue ukrainische Defensivlinie, hält Juri Podoljaka fest.
Der Journalist unterstreicht, wie wichtig es war, dass die Wagner-Truppen die von Kiew reichlich gespeiste Blutpumpe von Artjomowsk gekonnt ausnutzten, um Kiews Reserven – teils aus dessen besten Einheiten bestehend – aufzureiben. Somit habe sich der Verlauf der Schlacht um Artjomowsk für Russland sehr positiv auf den Verlauf der gerade erst bevorstehenden Gegenoffensive Kiews am südlichsten Frontabschnitt, Saporoschje, ausgewirkt. Denn dafür, dass Kiew diese Offensive in den nächsten Wochen beginnen wird, spreche, dass Kiew gerade dort Flotten von Brückenlegern und seine besten verbleibenden Einheiten konzentriert sowie reichlich Munitions- und Treib- und Schmierstoffdepots dort anlegt.
Grundsätzlich werde gerade diese bevorstehende Gegenoffensive den weiteren Kriegsverlauf wesentlich bestimmen – wenn nicht sogar entscheiden, so Podoljaka.
Juri Podoljaka ist ein ukrainischer politischer Blogger (auf Youtube hatte sein Kanal vor der Löschung durch die Verwaltung der Plattform 2,6 Millionen Abonnenten) und Journalist aus Sumy (er wohnt seit dem Jahr 2014 im russischen Sewastopol), dessen Einsichten im Zeitraum um den Beginn der Intervention in den russischen Medien zunehmend gefragter wurden. Seine Analyseausgaben warten mit nur wenigen Zahlen auf – dafür vermittelt er durch Arbeit mit Karten aber ein gutes Verständnis vom räumlichen Umfang der jeweiligen Entwicklungen und bietet dann und wann kurzfristige Prognosen.
An Quellen bemüht Podoljaka einerseits offen zugängliche Daten: Dies sind Meldungen von Augenzeugen in den sozialen Medien sowie Meldungen des russischen, aber auch des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Andererseits gibt er Insiderquellen an: Neben solchen in den Volksmilizen und Sicherheitsorganen der russischen Volksrepubliken Donezk und Lugansk seien dies solche in den ukrainischen Sicherheits- und Regierungsbehörden, die er aufgrund alter Beziehungen aus der Zeit als ukrainischer Journalist noch zu unterhalten erklärt. Um es mit dem aktuellen Jargon der Aufklärungsdienste auszudrücken, ist Juri Podoljaka also vornehmlich ein OSINT-Analyst.
Mehr zum Thema - Podoljaka zum Ukraine-Krieg: Kliniken in Charkow mit Schwerverwundeten überfüllt