Kiew: Gläubige verteidigen Höhlenkloster gegen staatliche Räumung

In Kiew versuchen aktuell orthodoxe Gläubige, die Räumung des weltbekannten Höhlenklosters zu verhindern. Sie blockieren zu diesem Zweck Mitglieder einer staatlichen Delegation, die in den Klosterkomplex kamen, um die Räumung durchzusetzen.

Mitglieder einer staatlichen Kommission für die Übernahme und Besitzübertragung der vom Kloster genutzten Einrichtungen ist am Donnerstagmorgen in das weltbekannte Komplex des Kiewer Höhlenklosters gekommen. Sie wurden aber von orthodoxen Gläubigen am Zugang zu den Räumlichkeiten gehindert, berichtet die ukrainische Nachrichtenplattform Strana.ua.

"Die Gläubigen der Ukrainischen-Orthodoxen Kirche blockieren ihre Arbeit. Sie haben die Mitglieder der Kommission in einen Ring eingeschlossen und verweigern ihnen den Zugang zu den Gebäuden, die sie überprüfen wollen", heißt es in der Publikation.

Bisher haben Polizeibeamte nicht in die entstandene Situation eingegriffen.

Die Kirchenglocken der Kirche der Geburt der Heiligen Jungfrau Maria des Kiewer Höhlenklosters läuteten derweil Alarm, berichtet der Telegram-Kanal der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK). 

Viele der Gläubigen, die heute das Kloster verteidigen, haben bereits die Nacht zuvor darin verbracht und wollen weiter bleiben, wie auf Telegram veröffentlichte Videos zeigen.

Die Kommission hat das Gelände des Klosters inzwischen wieder verlassen und angekündigt, am Freitag um 10 Uhr erneut zu erscheinen. 

Das Mitglied der Kommission Alexander Owtschar schloss in einem Gespräch mit Strana.ua nicht aus, dass die Polizei um Hilfe gebeten werden müsste.

"Im Moment gibt es keinen Grund dafür. Aber wenn uns nicht überall [der Zutritt zu Räumlichkeiten] erlaubt wird, werden wir die entsprechenden Dokumente ausarbeiten, auf deren Grundlage sich der Leiter der Kommission an die Strafverfolgungsbehörden wenden kann", sagte er.

Der tägliche Gottesdienst im Höhlenkloster findet wie üblich statt und wird zelebriert vom Kiewer Metropoliten Onufri, der auch das offizielle Oberhaupt der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche ist. Die Kirche der Kreuzerhöhung in den Nahen Höhlen ist voll mit Gläubigen, berichten mehrere Medien übereinstimmend.

Anfang März hatte die dem ukrainischen Kultusministerium unterstellte Leitung des Reservats "Kiewer Höhlenkloster" den unbefristeten Pachtvertrag mit der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche gekündigt und die Mönche aufgefordert, das Kloster bis zum 29. März dieses Jahres zu verlassen (RT hatte berichtet). Mitglieder der kirchlichen Synode unter der Leitung des Metropoliten Onufri kamen am 20. März zum Büro des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, um ihm ihren Standpunkt darzulegen. Der Präsident weigerte sich jedoch, sie zu empfangen. Daraufhin veröffentlichten sie einen Appell an die höchsten Hierarchen, Kleriker und Gemeindemitglieder der Kirche, ihr Recht auf den weiteren Aufenthalt in dem Klosterkomplex zu schützen.

Aufnahmen von bewaffneten Polizisten auf dem Klostergelände:

Der Anwalt der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, Erzpriester Nikita Tschekman, sagte, er habe beim Handelsgericht Kiew Klage auf Unzulässigkeit der Kündigung des Pachtvertrags eingereicht. Heute hat das Gericht die Klage des Klosters zur Verhandlung angenommen und gleichzeitig der Forderung der kirchlichen Klosterleitung entsprochen, dass die staatlichen Behörden Informationen über das Wesen angeblicher "Verstöße bei der Nutzung des Klosters" liefern müssten. Angebliche Verstöße werden zwar staatlicherseits als Begründung für die Kündigung des Pachtvertrages angeführt, es wird jedoch nicht benannt, um welche konkreten Verstöße es sich dabei handeln solle. Insider haben inzwischen berichtet, dass Wladimir Selenskij seinen Mitarbeitern die Weisung erteilt habe, für eine schnelle Abweisung dieser Klage zu sorgen.

Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche nutzt den Klosterkomplex in Kiew seit 1988, darin befinden sich – neben einem Kloster mit etwa 200 Mönchen – auch der Hauptsitz der Kirche und mehrere ihrer Bildungseinrichtungen. Die UOK ging aus der bis dahin ungeteilten Russisch-Orthodoxen Kirche hervor, die bis zur Enteignung durch die Bolschewiki nach 1917 Eigentümer des im 11. Jahrhundert gegründeten Höhlenklosters war. Seit 1990 verfügt die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche über Autonomie und ist de facto unabhängig, kanonisch ist sie aber weiterhin dem Moskauer Patriarchat zugehörig. Im Frühjahr 2022 verurteilte die Synode der UOK die russische militärische Intervention in die Ukraine und löste sich faktisch endgültig von Moskau, wird aber dennoch von staatlichen Behörden der "Treue zu Moskau" beschuldigt und unterliegt seit Dezember des letzten Jahres Repressionen. Selenskij hatte öffentlich angekündigt, die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche vernichten zu wollen. 

Impressionen vom Höhlenkloster am heutigen Tag:

Die deutsche Tagesschau berichtete am Mittwoch erstmals über die Verfolgung der Gläubigen in der Ukraine, kommentierte die Übergriffe jedoch mit großem Verständnis, als könnten (unbewiesene) Verstöße Einzelner die Aussetzung der Glaubensfreiheit und die Diskriminierung der größten Glaubensgemeinschaft des Landes in irgendeiner Weise rechtfertigen. 

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