Die Lage in vielen französischen Städten ist im Zuge der Proteste gegen Rentenreform eskaliert. Am Donnerstagabend gab Innenminister Gérald Darmanin bekannt, dass es am Rande der Kundgebungen 172 Festnahmen gegeben habe, davon allein 117 in Paris. Zuvor hatte das französische Innenministerium mitgeteilt, dass in Frankreich 123 Gendarmen und Polizisten verletzt und 80 Personen festgenommen worden seien.
Die Protestierenden errichteten Barrikaden und zündeten sie an, Flammen griffen auch auf Gebäude über. Besonders eskaliert ist die Situaton im Pariser 11. Arrondissement. Aus Paris berichteten Journalisten von zahlreichen lodernden Feuern, während sich die Demonstranten in kleinen Gruppen durch die Hauptstadt zerstreuten. Die Fassaden einiger Gebäude sind durch die Feuer in Mitleidenschaft gezogen worden.
Ähnlich ist die Situation in anderen Städten. So wurde kurz nach 21 Uhr am Rande einer Demonstration die Fassade des Rathauses von Bordeaux in Brand gesetzt.
Das Geschehen wird auf zahlreichen Videos festgehalten und in sozialen Medien geteilt. Auf einem der Videos ist zu sehen, wie Protestierende ein Feuerwehrkommando mit Applaus begrüßen.
Angesichts der besonders zugepitzten Situation im 11. Arrondissement von Paris wurde noch für den heutigen Abend eine Rede des französischen Innenministers an die Nation angekündigt. Laut Angaben der Gewerkschaften gingen am Donnerstag im ganzen Land etwa 3,5 Millionen Menschen auf die Straßen, während die Behörden 1,08 Millionen zählten.
Insgesamt fanden 1.500 Demonstrationen in Städten wie Marseille, Lyon, Lille und Paris statt. Es kam zu Straßenblockaden, Protesten von Hafenarbeitern, verbarrikadierten Universitätsgebäuden, Überfällen auf Bahnhöfe, aber auch Gegenprotesten gegen Notfälle und Stromausfälle, die auf streikende Kraftwerksmitarbeiter zurückzuführen waren.
"Die beste Antwort, die wir dem Präsidenten geben können, ist, dass Millionen von Menschen streiken und auf der Straße sind", zeigte sich Philippe Martinez, Vorsitzender der linken Gewerkschaft CGT am Vortag gegenüber Reportern kampfbereit. "Die Regierung hat Angst davor, dass immer mehr Leute mitmachen", erklärte eine Frau gegenüber dem britischen Guardian. "Die Demokratie wird verleugnet." Sie fuhr fort:
"Macron sieht sich selbst als eine Art König, als einer Art Jupiter, der von hoch oben auf uns herabschaut. Wir müssen durchhalten, bis er uns zuhört."
Mit dem großen Generalstreik reagieren Gewerkschaftsführer auf eine Ansprache des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, in der er am Mittwoch versichert hatte, trotz der Proteste an den Plänen zur Erhöhung des Rentenalters festhalten zu wollen. Ebenso wies er die Forderung der Gewerkschaften und Oppositionsparteien zurück, er solle "dem wachsenden Volkszorn Rechnung tragen".
Kritiker griffen Macron daraufhin für seine Äußerungen an und bezeichneten ihn als "selbstgefällig", "weltfremd" und "beleidigend". Die Äußerungen des Präsidenten am Mittwoch waren seine ersten, seit die Regierung letzte Woche die Reform zur schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre gegen zwei Misstrauensanträge durchgesetzt hat. Seitdem haben sich die Proteste in Frankreich teils radikalisiert. Neben den angemeldeten Demonstrationen hatten einige Gewerkschaften zu spontanen, unangemeldeten Protestaktionen aufgerufen.
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