Von Alexei Sakwassin, Jelisaweta Komarowa
Die erste Garnison zur ständigen Stationierung von US-Truppen wird in Polen eingerichtet. Dies geht aus einer Meldung auf der Webseite des Verteidigungsministeriums der Republik Polen hervor:
"Die US Army Garrison Poland wird die achte ständige Garnison der US-Streitkräfte in Europa und die erste ständige Garnison der US-Truppen in Polen sein."
US-seitig wurde der Beschluss dazu von US-Präsident Joe Biden noch im Jahr 2022 gefällt. Die Eröffnungszeremonie des Standortes fand am Nachmittag des 21. März 2023 statt. Die Aufgaben des neuen Standortes gehören dem Bereich der "infrastrukturellen Unterstützung" sowie der Verwaltung von und Kontrolle über "vorgeschobenen Außenposten des US-Militärs" an. Experten zufolge zeugt die neue Garnison davon, dass die USA das Rotationsprinzip bei der Dislozierung von Truppen in Polen generell aufgeben hat – fortan werden diese dort grundsätzlich permanent stationiert. Derzeit beläuft sich die Zahl des US-Kontingents in der Republik auf etwa 10.000 Personen. Analysten gehen davon aus, dass der Ausbau der militärischen Infrastruktur der USA in Polen Teil der Vorbereitung auf eine Stationierung noch größerer Aufgebote ist.
Die Garnison der US-Armee in Polen, die USAG-P, wird in Poznan, im Camp Kościuszko stationiert sein. So heißt das vorgeschobene Kommando des 5. Armeekorps der US Army seit Juli 2022. Die Einheit spielt eine Schlüsselrolle bei der Integration der US-Streitkräfte im Land – so ist sie nicht zuletzt für deren Zusammenarbeit mit den polnischen Streitkräften zuständig.
Auf einer Pressekonferenz am 16. März erklärte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Brigadegeneral Patrick Ryder, dass die neue Einheit in Polen benötigt werde, um die Führung und Kontrolle sowie die materielle Unterstützung der Truppen in Europa zu verbessern. Laut seiner sollen etwa dreizehn Militärangehörige und hundertvierzig zivile Mitarbeiter die Garnison permanent bemannen. Er umriss ihren Aufgabenbereich so:
"Die Garnison der US-Armee in Polen wird zusätzlich zu den sieben bestehenden Kontingenten der US-Armee für die Verwaltung der Nutzung und Instandhaltung von Einrichtungen in Europa erschaffen. Sie wird qualitativ hochwertige Unterstützung grundlegender Operationen, Infrastruktur und Dienstleistungen für Soldaten und Zivilisten bieten."
Nicht länger Rotation
Sergei Jermakow, ein Experte des föderalen Russischen Instituts für Strategische Studien (RISI), kommentierte gegenüber RT: Die Erscheinung der ersten permanenten Garnison der US-Streitkräfte sei als der Beginn einer neuen Phase der Expansion der militärischen Infrastruktur der USA und der NATO in Osteuropa zu werten – also in der Nähe der westlichen Grenzen Russlands und Weißrusslands. Nach Ansicht des Experten rücken die USA von der früheren Praxis ihrer militärischen Präsenz in Polen ab, ihre Truppen dort nur auf Rotationsbasis zu dislozieren:
"Diese Garnison in Posen stellt einen Stützpunkt dar, in dem ein relativ großes Militärkontingent innerhalb von kürzester Zeit stationiert werden kann. Ein solcher Standort ist erforderlich, um die Truppen eines potenziellen Kriegsschauplatzes operativ auszurüsten. Im Grunde genommen handelt es sich um eine Militärbasis."
Dem Experten zufolge wird die Aufgabe der USAG-P darin bestehen, lebenserhaltende Systeme vorzubereiten: Armeelager und Depots, Wartungssysteme für Ausrüstung, Waffen und Fahrzeuge, Unterkünfte für große Soldatenkontingente:
"Es handelt sich nicht mehr um Rotation. Es handelt sich um dauerhaften Aufenthalt, bei dem alles, was für den Einsatz der Truppen erforderlich ist, instand gehalten wird. Die US-Amerikaner zeigen damit, dass sie ihre militaristischen Pläne nicht aufgeben und ihre Rückkehr zu den Praktiken des Kalten Krieges fortsetzen werden."
Konstantin Blochin, Forscher am Zentrum für Sicherheitsstudien der Russischen Akademie der Wissenschaften, vertritt eine ähnliche Ansicht. Im Gespräch mit RT hielt er fest, dass die Vereinigten Staaten nach dem 24. Februar 2022 aktiver in die Entwicklung der europäischen Versorgungsinfrastruktur für den Teil ihrer Truppen investierten, die sich bereits in der Nähe von Russland und Weißrussland befinden oder in naher Zukunft dort stationiert werden:
"Der Begriff 'Garnison' bedeutet, dass US-Truppen zwingend auf Dauer dort stationiert sein müssen. Eine andere Frage ist auch, welche Art von Einheiten die USA dort stationieren werden. Es ist nicht auszuschließen, dass Washington soweit geht, dass es dort nach dem Muster des Kalten Krieges Mittel- und Kurzstreckenraketen stationiert."
Merken wir an: Warschau wirkte auf die USA auch in der Amtszeit von Donald Trump dort sehr konsequent mit dem Ziel ein, Washington von der Einrichtung von Militärstützpunkten in Polen zu überzeugen. Darüber hinaus bot Warschau Washington sogar an, eigene Mittel in Höhe von bis zu 2 Milliarden US-Dollar für den Bau von Einrichtungen für die dauerhafte Stationierung von US-Truppen bereitzustellen.
Im August 2020 schlossen Polen und die USA schließlich ein Abkommen über den Ausbau der militärischen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern ab. Wie in Warschau erklärt wurde, bestehe damit eine Rechtsgrundlage für die ständige Präsenz von US-Truppen im Land – "sowohl in einem von vornherein geplanten Umfang als auch im Falle einer möglichen künftigen Ausweitung". Zu jenem Zeitpunkt sei Polen nach Angaben seiner Behörden imstande gewesen, bis zu 20.000 US-Soldaten im Lande zu dislozieren.
Dem Dokument zufolge verpflichtete sich Warschau, der US-Armee die ausschließliche oder gemeinsame Nutzung von Militäreinrichtungen, einschließlich neu zu bauender Einrichtungen, kostenlos zur Verfügung zu stellen. Polen hat auch die Kosten für die Versorgung der US-Truppen mit Wohnraum, Lebensmitteln und Treibstoff übernommen. Im August 2020 befanden sich 4.500 US-Soldaten im Land. Heute ist ein US-Kontingent von etwa 10.000 Mann in Polen stationiert.
Wie die Experten erklären, ist das wichtigste Objekt der US-Militärinfrastruktur in Polen dieser Stützpunkt des vorgeschobenen Kommandos des 5. Armeekorps der US-Armee, wo die besagte erste ständige Garnison der amerikanischen Streitkräfte stationiert sein wird.
Die Präsenz der Einheit "verbessert die Fähigkeit der US-amerikanischen und polnischen Streitkräfte sowie anderer Verbündeter zur Zusammenarbeit bei der wirksamen und schnellen Reaktion auf feindliche Handlungen gegen Polen und andere Verbündete in der Region", heißt es auf der Webseite des polnischen Verteidigungsministeriums. Und weiter:
"Die polnischen Streitkräfte arbeiten eng mit diesem Kommando der US-Streitkräfte in Polen zusammen. Es gibt eine umfassende Zusammenarbeit im Rahmen der Kommandostruktur, unter anderem mit der multinationalen Division Nordost, die in Elbląg stationiert ist."
Nach aktueller Information des polnischen Verteidigungsministeriums befindet sich neben dem 5. Armeekorps auch eine Kampfgruppe einer US-Panzerbrigade im Land: Sie wurde im Jahr 2017 im Rahmen der sogenannten European Deterrence Initiative (EDI), die ein Element der Operation Atlantic Resolve zur "Abschreckung Russlands" ist, nach Polen verlegt. Die Brigade disloziert ihr Personal in Polen auf Rotationsbasis. Ihre Soldaten nehmen an Manövern, Trainings und Schulungen im ganz Land teil.
Im Rahmen von "Atlantic Determination" wurde im Jahr 2017 schließlich eine US-Fliegerbrigade auf Rotationsbasis in Powidz stationiert. Sie nimmt an Transportübungen teil und unterstützt Luftoperationen bei großen multinationalen Manövern in Europa.
Überdies befinden sich ein sogenanntes Combat Sustainment Support Bataillon (Unterstützungsbataillon zur Aufrechterhaltung der Kampffähigkeit) mit Aufgaben im Bereich der Logistik (US-typisch teilweise äußerst weit zu verstehen, deutlich weiter sogar als im Bundeswehr-Sprachgebrauch, Anm. d. Red.) sowie eine multinationale Einheit mit mehr als 800 US-Soldaten in Polen, um "Russland einzudämmen". Diese Formation soll mit der 15. mechanisierten Brigade der polnischen Streitkräfte zusammenarbeiten.
Ein weiterer US-Stützpunkt in Polen ist der Raketen-"Abwehr"-Stützpunkt Redzikowo, der im vergangenen März fertiggestellt wurde. Der Standort beherbergt die Aegis-Ashore-Raketenabwehrsysteme.
Nach Angaben Washingtons sollen diese die US-Streitkräfte und die europäischen NATO-Verbündeten vor Raketenangriffen schützen. Nach Informationen, die Russland zur Verfügung stehen, können die in Aegis-Kampfsystemen eingesetzten Mk 41-Raketenwerfer nicht nur auch zum Abschuss von Mittelstreckenraketen, darunter Tomahawk, verwendet werden, sondern die Aegis-Ashore-Standorte in Osteuropa sind sogar vorrangig dafür gedacht. (Anm. d. Red.: Im Rahmen eines sogenannten "enthauptenden Erstschlags" der USA könnten sie zum Beispiel im Rahmen einer zweiten Angriffswelle auf Moskau losgeschickt werden, nachdem von US-U-Booten gestartete ballistische Raketen ihnen durch Zerstörung der Radarstationen der russischen Raketenabwehr und der russischen Flugabwehrstandorte den Weg dorthin geebnet haben. Ähnlich waren die US-Pläne in den 1980er Jahren – mit dem Unterschied, dass die russische Raketenabwehr mithilfe ballistischer Raketen des Typs Pershing-II ausgeschaltet werden sollte, die damals in der BRD stationiert waren. Heute erhöht die Präsenz landgestützter Tomahawk-kompatibler Startplattformen in Europa das Eskalationsriko logischerweise ebenso wie damals.)
Darüber hinaus wurden vor Beginn der Sonderoperation fast 5.000 Soldaten der 82. Luftlandedivision der US-Armee nach Polen verlegt.
Antirussischer Vorposten in Europa
Konstantin Blochin zufolge unterstütze Warschau grundsätzlich jedwede Ausweitung der US-Militärpräsenz auf seinem Territorium mit Inbrunst – in einem engen Bündnis mit Washington würden die polnischen Behörden die Chance sehen, der mächtigste Staat auf dem europäischen Kontinent zu werden:
"Auch die US-Amerikaner profitieren von einer derartigen Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Polen. Für die USA ist es praktisch, Polen als Gegengewicht zu Deutschland und Frankreich zu nutzen. Und natürlich ist Polen ihnen als antirussischer Vorposten in Europa sehr wichtig."
Der Experte prognostizierte, dass die US-Militärpräsenz in Polen nur noch zunehmen und die Republik schließlich zu einem extrem militarisierten Staat werde. Blochin bezweifelte allerdings, dass Warschau oder die US-Einheiten in Polen in der Lage seien, das Kaliningrader Gebiet und das im Unionsstaat mit Russland bestehende Weißrussland anzugreifen.
Sergej Jermakow hingegen räumte die Möglichkeit ein, dass der Ausbau der US-Militärinfrastruktur in Polen und Warschaus Aufrüstungspolitik geradewegs als Vorbereitung auf einen großangelegten bewaffneten Konflikt betrachtet werden müsse. Abschließend sagte er:
"Die Pläne, die von Warschau und Washington ausgeheckt und umgesetzt werden, stellen eine ernsthafte Bedrohung für das Kaliningrader Gebiet und Weißrussland dar. Es handelt sich um Vorbereitungen für eine größere Vorverlegung von Truppen. Ich bin sicher, dass unsere Länder darauf unbedingt mit der Stärkung ihres Militärbündnisses, der Stationierung von Luftverteidigungsanlagen und Raketenabwehrsystemen reagieren werden."
Übersetzt aus dem Russischen.
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