In Frankreich sind am Donnerstagabend bei spontanen Protesten gegen die ohne parlamentarische Zustimmung verabschiedete Rentenreform insgesamt 310 Personen festgenommen worden, davon allein 258 in der Hauptstadt Paris. Diese Zahlen gab Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin am Freitagmorgen im TV-Sender RTL bekannt.
Grundsätzlich sei die Debatte um die Rentenreform dem Minister zufolge von enormer Gewalt geprägt gewesen. Es sei unter anderem zu zahlreichen schweren Beleidigungen gegen Parlamentsabgeordnete sowie zur Herabwürdigung der Staatssymbole gekommen. In diesem Zusammenhang warnte Darmanin, dass ein Angriff auf einen Parlamentarier einem Angriff auf die Republik gleichkomme. Die Polizei und die Gendarmerie würden die gewählten Volksvertreter schützen.
Außerdem berichtet RTL, dass sich der Minister mit den Präfekten der französischen Regionen getroffen habe, um sie daran zu erinnern, dass die öffentliche Ordnung im Land geschützt werden müsse. Darmanin habe auch vor zukünftigen Demonstrationen gewarnt.
"Alle Opposition ist legitim, aber wir werden spontane Demonstrationen und dergleichen bestimmt nicht zulassen."
Anfang Januar hatte Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne den Entwurf einer Rentenreform vorgestellt, der eine Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre vorsieht. Am 16. März stimmte der Senat, das Oberhaus des nationalen Parlaments, für das Gesetz. Die Abstimmung in der Nationalversammlung wurde jedoch wegen der Anwendung von Artikel 49.3 der französischen Verfassung unterlassen. Gemäß dem Artikel könnte die Durchführung der Reform ohne Zustimmung der Nationalversammlung erfolgen. Daraufhin gingen Tausende empörte Bürger auf die Straßen. In vielen Fällen eskalierten die Proteste zu Zusammenstößen mit der Polizei, die wiederholt Reizgas gegen Protestierende einsetzte.
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