Eine Analyse von Marinko Učur
Obwohl er bis zum letzten Augenblick unentschlossen war, zum etlichen Mal für das Amt des Präsidenten Montenegros zu kandidieren, hat Milo Đukanović als langjähriger Führer, der bei mehreren Gelegenheiten als Präsident und Ministerpräsident seines Landes fungierte, eine Entscheidung getroffen: Bei den für den 19. März angesetzten Wahlen um das Präsidentenamt wird er ins Rennen gehen.
Gute Kenner der Lage behaupten, dass eine solche Entscheidung unvermeidlich war, weil seine Partei, die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS), keine starke Persönlichkeit habe, die gegen den Oppositionskandidaten Andreia Mandić antreten könne. Auf der anderen Seite behaupten Bürger, die Đukanović abgeneigt sind, dass er gezwungen sei, um jeden Preis an der Macht zu bleiben, um seine Freiheit und seinen enormen Reichtum, den er während der jahrzehntelangen Machtausübung über das kleine Balkanland mit 600.000 Einwohnern erworben habe, zu erhalten.
Auch dieses Mal zählt Đukanović auf die Unterstützung des Westens, der über die schweren Affären- und Korruptionsvorwürfe gegen den Politiker seit geraumer Zeit hinwegsieht. Mit seinem ausgeprägten antirussischen Narrativ und aufgrund der Tatsache, dass er Montenegro ohne den Willen der Bürger in das NATO-Bündnis gebracht hat, ist zu erwarten, dass ihn der Westen auch diesmal unterstützen wird, um an der Macht zu bleiben. Hiermit würde Đukanović den Ruf als langlebigster europäischer Herrscher aus der Zeit des kommunistischen Jugoslawien beibehalten.
Dies, obwohl er kürzlich behauptet hatte, dass er "bereits seit dreißig Jahren im politischen Leben Montenegros ist, der seit drei Jahrzehnten den gleichen Job macht, der das Recht hat, sich müde zu fühlen, und das Recht hat, zu argumentieren, dass es für die Gesellschaft vielleicht besser wäre, wenn es einen neuen Kandidaten gäbe". Đukanović änderte jedoch seine Meinung und kündigte vergangene Woche seine Kandidatur an.
Am 19. März haben die Bürger erneut die Möglichkeit, zwischen einem neuen Versuch einer nationalen Konsolidierung und dem sogenannten "europäischen und euroatlantischen Kurs" zu wählen, den Đukanović und seine Partei seit Jahren vertreten und der das Land in unvorstellbare Tiefen gespalten hat.
Klar ist, dass der aktuelle Präsident im nächsten Wahlkampf auf die Stimmen jener Schichten der montenegrinischen Gesellschaft zählen wird, die durch dubiose Privatisierungen enorm reich geworden sind und sich mit dem "Status quo" zufriedengeben. In ihren Händen befindet sich eine riesige Menge an Kapital, die Đukanović zur Verfügung steht, und er wird alles tun, um ein weiteres fünfjähriges Präsidentenmandat zu gewinnen und zu bestätigen. Đukanović zählt auch auf die Stimmen nationaler Minderheiten wie Albaner, Muslime und Kroaten.
Auf der anderen Seite sendet Andreia Mandić, der Präsidentschaftskandidat und einer der Führer der oppositionellen Demokratischen Front (DF), versöhnliche Signale und versucht, den Teil der montenegrinischen Gesellschaft zur Wahl zu animieren, der die Nase von drei Jahrzehnten Đukanović-Herrschaft voll hat. Und nicht nur das: Mandić versucht, die zerbrochenen Beziehungen zu seinen Nachbarn wiederzubeleben. Insbesondere zu Serbien, das Đukanović oft als Schuldigen für die Missverständnisse auf dem Balkan ins Visier nimmt, vor allem, weil Serbien im Gegensatz zu Đukanovićs Regierung die selbst ernannte "Unabhängigkeit" des Kosovo nicht anerkennt. Zudem unterstellt Đukanović Serbien eine russophile Politik.
Es ist klar, dass der Hauptkampf bei den bevorstehenden Wahlen zwischen diesen beiden Kandidaten stattfinden und der neue Präsident in der zweiten Runde bestimmt wird. "Ich werde keine Entscheidungen aufzwingen, sondern mich für die Wahrung der nationalen Einheit und die Umsetzung jener Politik einsetzen, über die es Einigkeit in der Bevölkerung gibt", sagte Andreia Mandić, ein serbischer Politiker aus Montenegro, dem Đukanovićs Anhänger jedoch vorwerfen, "ausländischen Interessen zu dienen" und damit auf Serbien anspielen, obwohl Serbien und Montenegro bis 2006 eine Staatenunion waren. Natürlich blieben kulturelle und nationale Bindungen aufrecht, aber Đukanović hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten alles getan, um sie zu lösen und gleichzeitig Montenegro näher an die NATO und den Westen zu bringen.
"Er begann als Pächter, wurde zum reichsten Herrscher und schaffte es mit dem Projekt eines persönlichen Staates, ein und dasselbe Volk in zwei Staaten zu trennen." So beschreiben die Medien Milo Đukanović und seine Ausstrahlung heute. Er vergaß, dass er 1989 zu Beginn seiner politischen Karriere serbischer Nationalist war, als er als junge Hoffnung der Kommunistischen Partei Jugoslawiens am politischen Himmel auftauchte.
Von damals bis heute wechselte Đukanović wie im Nu seine Meinungen und Positionen. Erst als Kommunist, dann in der Zeit von Slobodan Milošević als serbischer Nationalist, dann Liberaldemokrat, dann unversöhnliche Gegner des Milošević-Regimes, das ihn 1991 zum jüngsten Ministerpräsidenten Europas beförderte. Đukanović wechselte schließlich seine Staatsangehörigkeit und wurde ein großer Montenegriner. Damit blieb er der einzige Politiker in den Ländern des ehemaligen sozialistischen Blocks, der von 1991 bis 2023 ohne einen einzigen Tag Unterbrechung an der Macht blieb. Und wenn er das Glück hat, eine weitere fünfjährige Amtszeit als Präsident zu genießen, wäre es ein Weg von seiner Studentenzeit direkt in den Ruhestand als Präsident.
"Wir hoffen immer noch, dass der ewige Herrscher am 19. März der Vergangenheit angehören wird", sagte Duško Knežević, ein montenegrinischer Geschäftsmann aus London und ehemaliger enger Mitarbeiter Đukanovićs. Heute ist Knežević ein Đukanović-Gegner. Er behauptet, in den vergangenen Jahren "Opfer politischer Verfolgung" gewesen zu sein und dass er bereit sei, "Milo Đukanović den letzten Schlag zu versetzen". Đukanović sei "von kriminellen Aktivitäten und Angelegenheiten durchdrungen, für die er sich verantworten muss".
So ist Montenegro bis heute das wahre Versuchskaninchen von Đukanovićs Ehrgeiz geblieben, um jeden Preis an der Macht zu bleiben und das Land in der falschen Hoffnung auf eine vermeintlich glänzende Zukunft zu halten, die es in der Europäischen Union angeblich erwartet.
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