Nach Ansicht des stellvertretenden Vorsitzenden der National Farmers' Union (NFU) Tom Bradshaw solle die britische Regierung die lokale Lebensmittelproduktion "in die Hand nehmen". Er warnte, dass die anhaltende Obst- und Gemüseknappheit im Land nur die "Spitze des Eisbergs" sein könnte.
Tom Bradshaw zufolge sei das Defizit bei einigen Obst- und Gemüsesorten, darunter Tomaten und Gurken, auf die Volatilität aufgrund geopolitischer Ereignisse und den Klimawandel zurückzuführen, der die Lieferketten stark unter Druck setze. Bradshaw erklärte gegenüber Times Radio:
"Was wir im letzten Sommer mit 40 Grad Celsius Hitze erlebt haben, ist der Klimawandel in Aktion."
Ferner brachte Bradshaw zum Ausdruck, dass das Wetter die durch den Russland-Ukraine-Konflikt ausgelöste Krise in der Lieferkette verschärft habe. Wörtlich hieß es:
"Wir sehen, dass die Geopolitik und der Konflikt in der Ukraine – ein Paradebeispiel – enorme Auswirkungen haben, und ich glaube nicht, dass die Unruhen in nächster Zeit verschwinden werden."
Der NFU-Vertreter präzisierte, dass die geopolitischen Spannungen die Inflation, insbesondere die Energieinflation, auf ein noch nie dagewesenes Niveau getrieben hätten, sodass es für die britischen Landwirte unmöglich werde, die Energiekosten zu decken.
Außerdem stehe Großbritannien seit dem Brexit-Referendum 2016 vor der zusätzlichen Herausforderung, sich bei seinen Handelspartnern "neu zu positionieren", so der Gewerkschaftschef weiter. Er merkte auch an, dass mit dem Austritt des Landes aus der EU ein Verlust günstiger Handelsbeziehungen einherging, was unweigerlich zu einer Beeinträchtigung des eigenen grenzüberschreitenden Handels geführt habe.
Bradshaw räumte ein, dass Importe "immer ein Teil" der britischen Lebensmittelversorgung sein würden. Aber angesichts der Unbeständigkeit der Welt solle das Vereinigte Königreich die Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit übernehmen: Es solle produzieren, was im Inland produziert werden könne, und dafür sorgen, dass die Versorgung zuverlässig sei, hieß es.
Zuvor hatte das Britische Retail Consortium "schwierige Wetterbedingungen" in Südeuropa und Nordafrika für den Mangel an Obst und Gemüse verantwortlich gemacht. Die Landwirte wiesen auch darauf hin, dass sie wegen der steigenden Gaspreise, die für den Anbau von Obst und Gemüse in Gewächshäusern unerlässlich sind, zunehmend gezwungen seien, die Produktion aufzugeben.
Als Reaktion darauf forderte die NFU die britische Regierung auf, ein Maßnahmenpaket zu verabschieden, um die Energiekosten im Gartenbau und in der Geflügelhaltung auszugleichen – zwei energieintensive Sektoren, die bisher von der Unterstützungsregelung ausgenommen waren.
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