Der Vorsitzende der BBC Richard Sharp gerät wegen eines Darlehens an den ehemaligen britischen Premierminister Boris Johnson immer mehr unter Druck.
Sharp habe "erhebliche Fehleinschätzungen" begangen, als er es versäumt habe, seine Rolle bei der Vermittlung eines Darlehens für den damaligen Regierungschef beim Ernennungsprozess offenzulegen, erklärten Abgeordnete des parteiübergreifenden Medienausschusses des britischen Unterhauses in einem am Sonntag veröffentlichten Bericht.
Sharp solle nun über den potenziellen Schaden nachdenken, den seine Versäumnisse für das Vertrauen in ihn, die BBC und das öffentliche Ernennungsverfahren verursacht habe, hieß es in dem Bericht. Der Prozess könne nur dann effektiv funktionieren, wenn alle Beteiligten offen seien und transparent handelten.
Noch am Sonntag wurden erste Rücktrittsforderungen gegen Sharp laut. "Es wird immer schwieriger zu sehen, wie Richard Sharp in dieser Rolle weitermachen kann", sagte die oppositionelle Labour-Abgeordnete Lisa Nandy bei Sky News. Entwicklungsstaatsminister Andrew Mitchell sah die Verantwortung, über Sharps Schicksal zu entscheiden, dagegen bei der BBC selbst.
Geld gegen Posten?
Die Zeitung Sunday Times hatte im Januar berichtet, Sharp habe seinen langjährigen Freund Johnson kurz vor seiner Berufung durch diesen finanziell beraten. Demnach habe er Johnson Ende 2020 geholfen, eine Garantie für ein Darlehen von bis zu 800.000 Pfund (rund 904.000 Euro) zu arrangieren. Kurz danach war Sharp offiziell vom Regierungschef für den BBC-Posten vorgeschlagen worden.
Johnson hatte Medienberichten zufolge Ende 2020 wegen Unterhaltszahlungen und der luxuriösen Renovierung seiner Dienstwohnung in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt. Sharp streitet dem Ausschussbericht zufolge ab, Johnson finanziell beraten zu haben.
Der BBC-Vorsitzende (Chairman) wird vom Monarchen auf Vorschlag des Premierministers und der Kulturministerin ernannt. Der öffentlich-rechtliche Sender ist nicht am Auswahlprozess beteiligt.
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