Der serbische Präsident Alexandar Vučić warnte, der Augenblick rücke näher, an dem Serbien keine Wahl mehr bliebe, als den westlichen Forderungen nachzugeben und Sanktionen gegen das langjährig befreundete Russland zu verhängen.
In einem Interview mit dem Sender Prva am Freitag sagte Vučić, er erwarte eine "größere Eskalation" des Ukraine-Konfliktes innerhalb der nächsten sechs Monate. Die Kämpfe bisher würden sich anfühlen wie "fast nichts, verglichen mit dem, was kommt," warnte er.
Diese Lage "wird unser Land in Mitleidenschaft ziehen, weil der Druck auf Belgrad, bezogen auf seine Beziehungen zu Russland, doppelt oder dreifach stärker wird – obwohl er jetzt bereits sehr stark ist," sagte der Präsident.
Sanktionen gegen Moskau wegen des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine zu verhängen und die Unabhängigkeit der abtrünnigen Provinz Kosovo anzuerkennen, sind die von Brüssel gesetzten Hauptbedingungen für Belgrads beantragten EU-Beitritt.
Vučić, der beide Forderungen monatelang zurückgewiesen hatte, sagte jetzt, dass womöglich der Moment kommen werde, an dem sich Belgrad den Strafmaßnahmen der EU gegen Moskau anschließen müsse.
"Lasst uns das so weit hinauszögern, wie wir das können. Ich werde wissen, wann der rechte Moment ist, und vor dem Volk nichts verbergen. Dieser Moment rückt schon eine lange Zeit näher, ich fürchte, er ist nicht einmal mehr Monate entfernt," sagte er.
Der serbische Präsident enthüllte, dass er anfänglich geglaubt habe, der Westen, der die Kiewer Regierung mit Waffen, Finanzen und Aufklärung unterstützt, würde in der Ukraine die Oberhand gewinnen. "In diesem Augenblick ist es nicht mehr ganz klar, wer in der Ukraine siegt," fügte er hinzu.
Moskaus Chancen, zu siegen, seien durch die Tatsache erhöht worden, dass da jetzt "Einheit" in der russischen Bevölkerung hinsichtlich des Konfliktes bestehe. Insbesondere seit der Ankündigung von Berlin und einigen anderen Ländern im Januar, dass die in Deutschland hergestellten Leopard-Panzer an Kiew geliefert würden, sagte er.
Laut Vučić werde es "schwierig" für Serbien, gleich wer in der Ukraine siege. "Der Westen will kein Land, das mit Russland verbündet ist, in der Mitte von Europa. Auf der anderen Seite will Russland nicht alles verlieren, was es auf dem Balkan hat," sagte er.
Darum bleibe Belgrad einer der wenigen internationalen Spieler, die von der Notwendigkeit reden, eine diplomatische Lösung für die Krise zu finden. Aber "niemand darf mehr den Frieden erwähnen," stellte er fest.
Mehr zum Thema - Vučić: Lieferung deutscher Panzer an die Ukraine vereint russisches Volk