Deutschland aktiv oder passiv im Ukraine-Krieg? Bundeswehr stellt für 12 Monate "NATO-Speerspitze"

Seit Januar 2023 hat die Bundeswehr für eine Dauer von zwölf Monaten das Kommando über die sogenannte NATO-Speerspitze (VJTF) des Militärbündnisses übernommen. Dafür stellt die Bundesregierung rund 8.000 Bundeswehrsoldaten in direkter Marschbereitschaft zur Verfügung.

Laut offizieller Darstellung des Bundesministeriums für Verteidigung (BMVg) ist die "Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), auch als sogenannte "NATO-Sperrspitze" bekannt, ein Teil der NATO Response Force. Mit der VJTF kann laut dem BMVg "die NATO schnell und flexibel auf sicherheitspolitische Entwicklungen reagieren".

Die NATO Response Force ist eine Eingreiftruppe der NATO und stellt aktuell mit seinen Mitgliedsstaaten derzeit rund 40.000 Soldatinnen und Soldaten. Die kritische Webseite German Foreign Policy informiert in einem Artikel mit dem Titel "Im Kriegsfall ganz vorn" zu der aktuellen Rolle der Bundeswehr:

"Die Bundeswehr führt in diesem Jahr die sogenannte NATO-Speerspitze (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF), deren offizielle Aufgabe es ist, innerhalb von weniger als 72 Stunden 'als erste Kräfte schnell und schlagkräftig' intervenieren zu können – bei Bedarf auch in einem Waffengang gegen Russland."

Der Artikel zitiert diesbezüglich einen General der Bundeswehr mit den Worten:

"(...) Die VJTF-Verpflichtungen seien wegen der Gefahr, der Ukraine-Krieg könne sich ausweiten, von einer 'gestiegene[n] Ernsthaftigkeit' geprägt. Für verschiedene Einheiten der VJTF stehen zur Zeit rund 8.000 Soldaten der Bundeswehr bereit, darunter Truppen der Land-, Luft- und Seestreitkräfte. Flaggschiff der maritimen Komponente ist eine Fregatte der deutschen Marine, die über Kapazitäten zur U-Boot-Jagd verfügt."

Den Kern bildet demnach "die Panzergrenadierbrigade 37, die als Leitverband fungiert und ein Drittel der Truppe bildet". Ihr Kommandeur, Brigadegeneral Alexander Krone, wird damit für die kommenden zwölf Monate "zum Befehlsgeber der Landkomponente der NATO-Eingreiftruppe". Weitere Bundeswehrverbände, die an den VJTF-Verpflichtungen beteiligt sind, sind demnach "das Panzerbataillon 393, das Panzerpionierbataillon 701, das Artillerielehrbataillon 345, das Versorgungsbataillon 131 sowie die Transporthubschrauberregimente 30 und 36".

Bereits im Dezember des Vorjahres hieß es auf der Seite bundeswehr.de, dass Deutschland ab Januar 2023 auch die damit verbundene Verantwortung des Special Operations Component Command (SOCC), eines multinationalen Hauptquartiers, erstmalig übernimmt. Zu möglichen Aufgaben gehören laut demArtikel von German Foreign Policy:

"Zu deren Aufgabenprofil gehören verdeckte Operationen an Parlament und Öffentlichkeit vorbei. Im Rahmen der VJTF 2023 operieren nicht zuletzt auch mehrere deutsche Kriegsschiffe, etwa die Fregatte Mecklenburg-Vorpommern, die mit 210 Soldaten für die nächsten sechs Monate das Flaggschiff der VJTF-Marinekräfte sein wird."

Diesbezüglich heißt es auf der Webseite der Bundeswehr:

"Denkbare Operationen wären beispielweise Military Assistance oder Special Reconnaissance. Zu letzterem zählt unter anderem die verdeckte Aufklärung in einem Einsatzgebiet, die nicht durch klassische Streitkräfte erfolgen kann, etwa hinter feindlichen Linien. Zu Military Assistance zählen im Wesentlichen die Ausbildung und Beratung verbündeter Spezialkräfte."

Und weiter:

"Denn alle gegenüber der NATO angezeigten Hauptquartiere, Führungsstäbe und Einsatzkräfte sind immer entlang der NATO-Vorgaben für die NATO Response Force zu zertifizieren, auch Spezialkräfte. So wird sichergestellt, dass die gemeldeten Streitkräfte in der Lage sind, die zugewiesene Aufgabe auch wirklich zu erfüllen."

Im Januar dieses Jahres lautete ein Beitrag auf der offiziellen Bundeswehrseite: "Übungstrilogie im neuen Jahr – Deutsches Heer bereit für die VJTF 2023". Zu Beginn des Artikels wird dabei festgestellt, dass "die Panzergrenadierbrigade 37 'Freistaat Sachsen' in diesem Jahr eine verantwortungsvolle Sonderrolle" einnehmen wird. Abschließend heißt es zur diesjährigen Einsatzbereitschaft der Truppe:

"Mit der abschließenden Zertifizierung des Brigadestabes im vergangenen November bei der Übung Cougar Sword erhielten alle Truppenteile samt ihren Fähigkeiten den NATO-Status 'gefechtsbereit' (combat ready). 'Inzwischen sind wir ein mit allen Nationen gut eingespieltes Team', so das Fazit von Brigadegeneral Alexander Krone, Kommandeur der Panzergrenadierbrigade."

Das Bundesministerium für Verteidigung ergänzt in einem Beitrag diesbezüglich:

"Diese sogenannte Speerspitze der NATO ist ein wesentlicher Beitrag des Bündnisses zur Abschreckung und Verteidigung in Europa. Sie zeichnet sich durch hohe Einsatzbereitschaft und Reaktionsfähigkeit aus. Die Anforderung: innerhalb von 48 bis 72 Stunden bereit zu sein, um dorthin verlegt zu werden, wo die Truppe jeweils benötigt wird."

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