Die Kritik an der ausweichenden Haltung der Bundesregierung in der Frage der Lieferung deutscher Kampfpanzer wird schriller. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nannte die Haltung der Bundesrepublik Deutschland in dieser Frage "inakzeptabel".
In einem Interview mit der polnischen Nachrichtenagentur PAP erklärte Morawiecki, Polen werde "eine kleine Koalition" von Ländern auf die Beine stellen, falls die Bundesregierung ihre Haltung nicht ändere, den Kampfpanzer Leopard 2 nicht an die Ukraine zu liefern. Die Koalition werde die Ukraine mit "moderner Ausrüstung" und "modernen Panzern" aus eigenen Beständen versorgen.
Durch den russischen "Angriffskrieg", so Morawiecki, "sterben jeden Tag unschuldige Menschen". "Die russischen Bomben richten Verwüstungen in den ukrainischen Städten an. Zivile Objekte werden angegriffen, Frauen und Kinder werden getötet."
Polen hatte vor dem Treffen der "Ukraine-Kontaktgruppe" auf der US-Basis im rheinland-pfälzischen Ramstein erklärt, dass es "Leopard"-Panzer aus eigenen Beständen an Kiew abgeben wolle. Da die Panzer jedoch aus deutscher Produktion stammen, müsste die Bundesregierung dafür ihre Zustimmung erteilen.
Auch die polnische Presse beschrieb die Haltung der Bundesregierung als Wegducken, wie aus dem vom früheren Botschafter in Berlin und heutigen Vize-Außenminister Kiews, Andrei Melnyk, verbreiteten Titel der Zeitschrift Wprost hervorgeht.
Zu Wort meldete sich auch der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis. Auf Twitter schrieb er:
"Wir, die Außenminister Litauens, Lettlands und Estlands fordern Deutschland auf, der Ukraine jetzt Leopard-Panzer zur Verfügung zu stellen. Dies ist notwendig, um die russische Aggression zu stoppen, der Ukraine zu helfen und den Frieden in Europa schnell wiederherzustellen. Deutschland als führende europäische Macht trägt dabei eine besondere Verantwortung."
Zu Wort meldete sich auch wenig überraschend die Friedensnobelpreisträgerin und Leiterin des Center for Civil Liberties, Alexandra Matwijtschuk. Sie sprach von einer "besonderen Verantwortung" Deutschlands und verwies auf den Bau der Pipeline Nord Stream 2.
Zu den Hintergründen des Geschehens erklärte der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzende des NATO-Militärausschusses Harald Kujat in einem Interview mit dem Schweizer Medium Zeitgeschehen im Fokus, dass es einigen "Verbündeten" der Bundesrepublik in der Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern auch darum gehe, Deutschland zu exponieren. Wörtlich sagte der General:
"In der deutschen Diskussion werden diese Zusammenhänge nicht verstanden oder ignoriert. Dabei spielt auch die Art und Weise eine Rolle, wie einige Verbündete versuchen, die Bundesregierung öffentlich nun auch zur Lieferung von Leopard 2-Kampfpanzern zu drängen. Das hat es in der NATO bisher nicht gegeben. Es zeigt, wie sehr Deutschlands Ansehen im Bündnis durch die Schwächung der Bundeswehr gelitten hat und mit welchem Engagement einige Verbündete das Ziel verfolgen, Deutschland gegenüber Russland besonders zu exponieren."
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