Portugal: Zentralbankchef kritisiert Unternehmen, die Teuerungsrate antreiben

Während die Verbraucher vielerorts unter der historisch hohen Inflation leiden, fahren einige Unternehmen gleichzeitig massive Gewinne ein. Das schmälere die Bemühungen um eine Senkung der Inflation, wie der portugiesische Zentralbankpräsident Mário Centeno in Davos kritisierte.

Überall, nicht nur in Europa, ist sie zu spüren und richtet gesellschaftlichen Schaden an – die massive Inflation, von der einige behaupten, sie sei unaufhaltbar und mit dem Krieg in der Ukraine zu begründen. Doch während Verbraucher unter ihr leiden, sahnen andere ab. Laut dem portugiesischen Zentralbankpräsidenten Mário Centeno haben einige Unternehmen in der Eurozone ihre Gewinnmargen derart gesteigert, dass die Bemühungen um eine Senkung der Inflation dadurch beeinträchtigt werden.

Die Zahlen für Portugal sind sehr klar: Die Gewinnmargen sind 2022 ziemlich stark gestiegen", sagte Centeno, der auch Mitglied des EZB-Rates ist, am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos gegenüber Reuters. "Das ist nicht haltbar. Nicht nur, weil es sich auf die Preise, sondern auch auf die Nachfrage auswirken wird. Ich denke also, dass dies eine kurzsichtige Perspektive aufseiten der Unternehmen sein wird. Dies wird den sozialen Druck auf steigende Löhne erhöhen," zitiert die Nachrichtenagentur den Ökonomen und früheren Finanzminister Portugals.

Er habe dieses Thema in Portugal zur Sprache gebracht, doch stehe es auf europäischer Ebene nicht so weit oben auf der Tagesordnung, wie er es sich wünschen würde, so Centeno. Zudem sprach er sich dafür aus, dass die bisherige Ungleichheit bekämpft und Reichtum besser verteilt werden müsse.

Am Donnerstag bezeichnete die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, bei dem Weltwirtschaftsforum in Davos die Inflation in der Eurozone ebenfalls als nach wie vor "viel zu hoch" – trotz einer Reihe von Zinserhöhungen. Auch in Deutschland ist die Inflation 2022 mit durchschnittlich 7,9 Prozent so stark ausgefallen wie noch nie. Aktuell liegt die Teuerung mit einer Jahresrate von 9,2 Prozent im Dezember knapp unter dem Rekordhoch, das im Oktober 2022 bei über zehn Prozent erreicht worden war.

Dass gerade die unteren Lohngruppen oder von Armut Betroffene am stärksten unter der Teuerung leiden, ist bekannt. Denn sie müssen einen weitaus höheren Anteil des vorhandenen Geldes für notwendige Güter wie Lebensmittel und Energie ausgeben. Das ist auch ein Punkt, den Gewerkschaften im Moment betonen, wenn sie – wie beispielsweise gegenüber der Post – fordern, dass die Löhne um 15 Prozent steigen müssen. Zumal die Post aktuell ebenfalls Rekordumsätze zu verzeichnen hat.

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