Von Aljona Sadoroschnaja
Zum Abschluss des Jahres 2022 erreichte Wladimir Selenskij einzigartige und in vielerlei Hinsicht tragische Ergebnisse. Ihm gelang es, die Bevölkerungszahl der Ukraine auf das Niveau von vor 100 Jahren zu verringern, das Land in absolute Abhängigkeit vom Westen zu bringen und seine Mitbürger der elementaren zivilisatorischen Bequemlichkeiten zu berauben. Welche anderen "Erfolge" kann Selenskij noch verbuchen?
Im Jahr 2023 wird in der Ukraine ein katastrophaler Geburtenrückgang erwartet. Dies erklärte die Leiterin des Instituts für Demographie und soziale Forschungen namens Ptucha und Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine Ella Libanowa. Ihr zufolge wird die Bevölkerung der Ukraine zum Jahr 2030 bis 35 Millionen Menschen schrumpfen, wobei der Bevölkerungsrückgang seit 1994 andauert. Dabei wohnen laut Libanowa gegenwärtig 34 bis 35 Millionen Menschen in der Ukraine.
Doch diese Zahlen erwecken Zweifel. Die Anzahl an Flüchtlingen, die nach Russland aus dem Donbass und der Ukraine kamen, überstieg bereits fünf Millionen. Im Sommer schätzte die UNO die Anzahl ukrainischer Flüchtlinge in sämtlichen europäischen Ländern auf 6,3 Millionen Personen. Experten glauben, dass Libanowa überzogene Angaben anführt und dass bereits jetzt bedeutend weniger Menschen in der Ukraine wohnen, als sie behauptet.
Der Wirtschaftswissenschaftler Iwan Lisan erklärte der Zeitung Wsgljad:
"Noch vor Beginn der Militäroperation war es schwierig einzuschätzen, wie viele Menschen tatsächlich in der Ukraine wohnen. Offiziell wurden Zahlen um die 40 Millionen genannt, während tatsächlich dort 33 Millionen Menschen oder weniger wohnten. Von 2016 bis 2019 hatten die Ukrainer beim Erhalt primärer Aufenthaltstiteln in Polen an erster Stelle gestanden. Bis zu 500.000 Menschen hatten auf diese Weise das Land verlassen. Man sollte auch nicht vergessen, dass in letzter Zeit eine große Menge an Flüchtlingen nach Europa übersiedelte."
"Deswegen bleiben heute in der Ukraine bestenfalls 25 bis 27 Millionen Menschen, was mit der Bevölkerungsanzahl aus den 1920er-Jahren vergleichbar ist. Vorrangig bleiben die Männer, weil ihnen das Verlassen des Landes einfach verboten wurde", bemerkte der Experte.
"Ich bin mir sicher, dass diese Tendenzen sich im Jahr 2023 fortsetzen werden. Wir werden auch Binnenmigration beobachten. An denjenigen Frontabschnitten, an denen die Lage bedrohlich wird, werden Menschen fliehen. Beispielsweise flohen bereits Menschen aus dem von Kiew kontrollierten Teil von Donbass nach Dnjepropetrowsk", erklärte Lisan.
"Das einträglichste Gewerbe ist es, in den Krieg zu ziehen. Die ukrainischen Streitkräfte zahlen 100.000 Griwna (umgerechnet knapp 2.600 Euro) denjenigen, die an Kämpfen direkt teilnehmen und 30.000 Griwna (umgerechnet knapp 780 Euro) denjenigen, die sich an aktiven Kampfhandlungen nicht beteiligen. Diejenigen, die von der Front nach Hause zurückkehren, beginnen, Alkohol in Übermaß zu konsumieren und Geld zu verschwenden. Es kommt etwa dazu, dass sie in Elektronikgeschäfte kommen und fordern, ihnen den teuersten Fernseher zu verkaufen."
"Einige verdienen auch aktiv an Plünderungen. In der Ukraine gibt es eine nichtstaatliche Post, die in das logistische System der ukrainischen Streitkräfte eingebaut ist, die sogenannte 'Neue Post'. Mit ihren Lastwagen fährt man Munition und Lebensmittel an die Front, bringt Plündergut zurück und verkauft es. Dies geschah bereits zu Zeiten der sogenannten Antiterroroperation [offizielle Bezeichnung des ukrainischen Militäreinsatzes gegen die Donbassrepubliken sein 2014. Anm. des Übersetzers]. Auch die Dorfbewohner haben es schwer. Noch im Frühling erhielten die ehemaligen Kolchosbauern ihren Lohn in Getreide statt Geld, obwohl sie in den früheren Jahren eine Wahl hatten", erklärte Lisan.
Die Politologin und Menschenrechtlerin Larissa Schessler fügte hinzu:
"Im Jahr 2022 haben mindestens acht Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Berücksichtigt man die verlorenen Gebiete, blieben im Land höchstens 18 bis 20 Bewohner übrig. Wegen strenger Ausreisebeschränkungen für Männer verlassen hauptsächlich Frauen und Kinder das Land."
"In den meisten Städten funktionieren keine Schulen, obwohl sie formell auf Fernunterricht umgestellt wurden. Selbst große Ortschaften sehen wie Geisterstädte aus. In Nikolajew, Odessa und Saporoschje ist weniger als die Hälfte der Wohnungen bewohnt. Es sind meist ältere oder ganz arme Menschen geblieben, die kein Geld oder Möglichkeiten für einen Neuanfang in einem anderen Land haben."
"Das Jahr 2023 bringt keine Hoffnungen auf eine Verbesserung der Lage. Der Großteil der Flüchtlinge in Europa versteht, dass sie nicht mehr in die Ukraine zurückkehren können. Die Geburtenrate sinkt katastrophal, und das kommende Jahr wird wegen akkumulierter Wirkungen noch schlimmer."
"Unter denen, die geblieben sind, haben viele keine Einkünfte. Westliche Experten und ukrainische Behörden schätzen die Arbeitslosigkeit auf 30 Prozent der aktiven Bevölkerung. Doch vor wenigen Monaten berichtete der Gouverneur von Nikolajew, dass 80 Prozent der Stadtbewohner die Arbeit verloren hätten. Und das sieht eher nach Wahrheit aus. Auch diejenigen, die arbeiten, haben es schwer. Der überwiegende Teil der Beschäftigten erhält etwa 14.000 Griwna (umgerechnet etwa 360 Euro). Allerdings wurden die Lebensmittel um 40 bis 80 Prozent teurer, weswegen die Menschen am Rande des Verhungerns stehen", erklärte Schessler.
Vor dem Hintergrund des Bevölkerungsrückgangs und steigender Arbeitslosigkeit leidet die ganze Wirtschaft der Ukraine. Trotz kolossaler Finanzhilfen aus dem Westen stellen Industriebetriebe ihre Arbeit ein, die Förderung von Bodenschätzen und landwirtschaftliche Erträge sinken. Noch im August prognostizierten Politologen, dass sich die Ukraine in ein Drittweltland verwandele. Damals warnten sie vor dem Verlust des landwirtschaftlichen Potenzials des Landes. Und heute bewahrheiten sich ihre Warnungen.
Selbst ukrainische Oligarchen, die sonst in schwierigen Zeiten nur reicher werden, verlieren ihr Vermögen. So schrumpfte das Gesamtkapital der ukrainischen Reichen um über 20 Milliarden US-Dollar verglichen mit dem Jahr 2022, wie die ukrainische Forbes berichtete.
Auch die Staatsverschuldung steigt und beträgt inzwischen über 100 Milliarden US-Dollar. Lisan berichtete der Zeitung Wsgljad:
"Es gibt einfach keine verlässlichen Angaben zum Rückgang der ukrainischen Wirtschaft, es gibt nur vermutete Wertebereiche. Bis zu den russischen Angriffen auf die Energie-Infrastruktur sprach die ukrainische Regierung von einem Rückgang des BIP um 30 bis 40 Prozent. Im Jahr 2021 betrug das BIP der Ukraine 198 Milliarden US-Dollar."
"Als Russland mit groß angelegten Angriffen auf Energieobjekte zum Zweck der Zerstörung des gegnerischen Logistikpotenzials begann, wurden die Schätzungen korrigiert. Damals sagte Kiew, dass bei einer Fortsetzung der Angriffe das BIP bereits um 50 Prozent schrumpfen wird. Die Angriffe wurden fortgesetzt. Doch bereits im Dezember behauptete Ministerpräsident Denis Schmygal, dass der Rückgang zwar existiere, aber etwa 35 Prozent betrage."
Der Experte schätzte: "Ich würde diese Behauptung nicht glauben und bin der Meinung, dass das BIP zum Ende des Jahres um 50 Prozent schrumpfen wird. Das sind etwa 100 Milliarden US-Dollar. Außerdem sagte Selenskijs Wirtschaftsberater Rostislaw Schurma, dass im vierten Jahresquartal die Produktion um 50 bis 90 Prozent zurückgegangen war. Dabei ist eine Tendenz zu beobachten, wonach Betriebe in Frontnähe besonders stark schrumpfen."
"Ein Verlust der Hälfte des BIP wäre für die Ukraine noch schmerzhafter als in den Jahren 2014/2015. Ein Land ohne funktionierende Energieversorgung kann keine funktionierende Wirtschaft haben. Alles hängt auf die eine oder andere Weise von der Elektrizität ab. So kann beispielsweise Mais bis zum ersten Schneefall abgeerntet werden. Doch dann muss er getrocknet werden, was ohne Elektrizität praktisch unmöglich ist. Deswegen sank der Maisertrag um 30 Prozent, und insgesamt sank die Ertragsleistung um 40 Prozent."
"Folglich wäre die Ukraine ohne westliche Hilfe bereits am Zusammenbrechen. Doch der NATO gelang es, sie über Wasser zu halten. Es geht nicht um eine Entwicklung des Staates, sondern um die Stabilisierung seines Finanzsystems – man gibt gerade so viel Geld, dass es für den Krieg reicht", bemerkte der Experte.
"Mit Anleihen verhält es sich ganz eigenartig – sie erfolgen nur innerhalb des Landes, denn auf dem auswärtigen Markt braucht die Staatsanleihen niemand. Faktisch erlebte die Ukraine in diesem Jahr den zweiten Staatsbankrott innerhalb von acht Jahren. Und nun schrecken die ausländischen Gläubiger vor ukrainischen Schulden einfach zurück."
Schessler ergänzte: "Die Rückgangsprognosen für das ukrainische BIP werden von Tag zu Tag schlechter. Im letzten Monat bewirkte die kritische Lage im Bereich der Elektrizitätsversorgung einen Produktionsrückgang von bis zu 80 Prozent in vielen Industriezweigen. Die Metallurgie ist praktisch zum Erliegen gekommen, Bergwerke und Bergbauaufbereitungsbetriebe reduzierten ihre Fördermengen drastisch."
"Heute arbeiten im Land nur Kleinbetriebe und Läden von Generatoren, in begrenztem Umfang funktionieren Banken und staatliche Behörden. Die Lage wird dadurch erschwert, dass es keine Aussichten auf eine Lösung der Energiekrise gibt."
"Vorläufig erreichte der Rückgang des Jahres-BIP im November 40 Prozent. Im Dezember verschlimmerte sich die Lage. Doch keine Zahlen können die tatsächliche rapide Deindustrialisierung der Ukraine widerspiegeln. Fast alle großen Fabriken kamen zum Stillstand, Bautätigkeit und Förderung von Bodenschätzen wurden eingestellt."
"Jetzt verliert die Ukraine alles, was jahrzehntelang auf ihrem Gebiet aufgebaut wurde. Es ist schrecklich, sich vorzustellen, wie viel der Wiederaufbau von Wärmeleitungsnetzen und Wärmekraftwerken kosten wird. Offensichtlich wollen weder Europa noch die USA die Ukraine als Industrieland erhalten, selbst wenn sie nur noch metallische Zwischenprodukte und Energie von den Kernkraftwerken produzieren würde."
Schessler betonte:
"Sie wollen die Ukraine nur als ein von militarisierten, gegen Russland kämpfenden Verbänden überflutetes Territorium und als landwirtschaftliche Fläche zum Anbau billiger Sonnenblumen erhalten."
"In diesem Jahr erhielt die Ukraine in Form von Krediten und Tranchen kolossale Geldmittel ohnegleichen. Und ganz klar erwartet niemand eine vollständige Rückgabe dieser Summe. Auf diese Weise gerät der Staat in eine völlige wirtschaftliche Abhängigkeit von westlichen Ländern."
"Indessen wurden in einem jüngst beschlossenen Memorandum, das vom ukrainischen Wirtschaftsministerium und dem IWF unterschrieben wurde, ein Verzicht auf Indexbindung von Sozialleistungen, ein Verzicht auf vereinfachte Besteuerung, ein Verschärfen der Fiskalpolitik und eine Reduzierung der Anzahl von Beamten und ihren Gehältern beschlossen."
Im Hinblick auf die Zukunft der Ukraine äußerte sich Lisan zuversichtlich, dass sie auch im Jahr 2023 schrumpfen, "darunter auch im territorialen Sinne" werde. Er schlussfolgerte:
"In vielerlei Hinsicht erinnern die jetzigen Ereignisse der Ukraine an ein Spiegelbild der Lage von 2014. Damals versuchte Petro Poroschenko, die Wirtschaft des Donbass auf null zu setzen. Und nun setzt Wladimir Selenskij durch seine politischen Fehler die ganze Ukraine im Umfang der verbliebenen Gebiete auf null."
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei Wsgljad.
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