Von Andreas Richter
Der Druck auf die deutsche Bundesregierung, Kampfpanzer des Typs Leopard 2 an die Ukraine zu liefern und der Lieferung dieser Panzer durch andere Staaten westlicher Bündnisse zuzustimmen, wächst.
Am Donnerstag hatte die Regierung bekannt gegeben, Schützenpanzer vom Typ Marder an Kiew liefern zu wollen. Auch dieser Entscheidung war monatelanger politisch-medialer Druck aus dem Inland und dem "befreundeten" Ausland vorausgegangen.
Bereits kurz nach Bekanntgabe dieser Entscheidung hatten Koalitionspolitiker, die FDP-Abgeordnete und Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und der Grüne Anton Hofreiter diese gelobt –, um gleichzeitig die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern zu verlangen.
Im US-amerikanischen Wall Street Journal erschien am Freitag ein Artikel, in dem unter Berufung auf einen ranghohen polnischen Diplomaten berichtet wurde, dass Warschau erwäge, der Ukraine die Leopard-2-Panzer der polnischen Armee zu übergeben. Wörtlich heißt es in dem Artikel:
"'Polen hat mehr als 240 Leopard-Panzer, genug für zwei Panzerbrigaden, und plant, sie alle abzugeben, sagte Slawomir Debski, Direktor des Polnischen Instituts für Internationale Angelegenheiten, einer der polnischen Regierung nahestehenden Warschauer Denkfabrik. Das Tempo, mit dem es diese an die Ukraine übergeben könnte, hängt davon ab, wie schnell Polen Ersatzpanzer erhält, die es von Herstellern in Südkorea und den USA bestellt hat', sagte er. Auch Berlin müsste zustimmen.'
'Es ist eine Frage nicht des Ob, sondern des Wann', sagte Debski und fügte hinzu, dass die westliche Zurückhaltung bei der Bereitstellung von Panzern nach Monaten diplomatischen Drucks endlich nachlasse. 'Das ist genau etwas, wofür Polen seit vielen Monaten argumentiert.'"
Ebenfalls am Freitag wurde über eine Initiative von finnischen und dänischen Abgeordneten berichtet, die eine Lieferung von Leopard 2 aus den Beständen ihrer Länder an die Ukraine fordern.
Ein zentraler Punkt für eine derartige Lieferung von Panzern aus europäischen Ländern spielt in der Berichterstattung nur eine Nebenrolle: Ohne die Zustimmung der deutschen Bundesregierung ist sie unmöglich. Man kann also davon ausgehen, dass diese Berichte vorrangig dazu dienen, weiteren Druck auf Berlin aufzubauen.
Als nächster Akt der Kampagne sind entsprechende Stellungnahmen polnischer Regierungsvertreter zu erwarten. Für den Sonnabendnachmittag wurde eine Pressekonferenz des polnischen Ministerpräsidenten und des Verteidigungsministers angekündigt.
Hintergrund des ungewöhnlich eilig betriebenen Druckaufbaus auf Berlin dürfte die sich aus Kiewer Sicht zuspitzende Lage im Osten sein, wo die Einschließung eines beträchtlichen Teils der ukrainischen Truppen drohen könnte.
Die Ausbildung an einem Panzer dauert in der Regel mehrere Monate. Um die militärische Lage mit neuem Gerät kurzfristig überhaupt irgendwie beeinflussen zu können, müssten die Panzer komplett mit Besatzung geliefert werden. Sollte es dazu wirklich kommen, dürfte das als direkte Kriegsbeteiligung des betreffenden Staates gewertet werden.
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