Kallas erklärte am Dienstag in einem Radiointerview: "Alles hat seine Grenzen, und wenn wir nicht mehr in der Lage sind, Menschen aufzunehmen, weil wir keine Wohnungen und Arbeitsplätze mehr haben, dann können andere mehr tun." Tallinn habe diesbezüglich bereits eine vorläufige Vereinbarung mit Helsinki getroffen. "Die Finnen haben gesagt, dass sie mehr Menschen aufnehmen können", so Kallas weiter. Dementsprechend würden estnische Beamte den ankommenden Ukrainern sagen, dass sie in andere Länder weiterreisen sollen, unter anderem nach Finnland.
"Wenn man sich anschaut, wie Russland die zivile Infrastruktur und die Energieinfrastruktur bombardiert und versucht, das Leben in der Ukraine völlig unmöglich zu machen, so glauben alle, dass es eine nächste Flüchtlingswelle geben wird", erklärte Kallas. Allerdings sei bisher kein weiterer Zustrom an Migranten zu verzeichnen, fügte sie hinzu. Ihre Regierung stelle Kiew Hilfe zur Verfügung, um dort Lebensbedingungen zu schaffen, damit die Menschen nicht fliehen.
Einige estnische Beamte hatten sich zuvor besorgt über die Möglichkeit einer weiteren Flüchtlingswelle aus der Ukraine gezeigt. Außenminister Urmas Reinsalu forderte, Grenzkontrollen einzuführen, damit das Land besser einschätzen kann, wie viele Ukrainer in Estland bleiben, ohne in andere Länder weiterzureisen. "Über 100.000 ukrainische Staatsangehörige sind nach Estland eingereist, und wir müssen genau wissen, wo sich diese Menschen aufhalten, um die Ein- und Ausreisen zu kontrollieren", sagte er im Oktober. Innenminister Lauri Läänemets kritisierte die Idee von Reinsalu und verwies auf die Kosten und den Personalaufwand, die für die Einführung der Grenzkontrollen erforderlich wären.
Laut jüngsten Daten der EU-Grenzschutzagentur Frontex gibt es nach den letzten Raketenangriffen auf die Energieversorgung der Ukraine bislang keine bedeutenden Veränderungen im Grenzverkehr. In der vergangenen Woche seien aus der Ukraine 229.542 Menschen in ein EU-Land eingereist, teilte Frontex am Dienstag mit. Im gleichen Zeitraum überquerten 208.988 Menschen die Grenze eines EU-Landes in Richtung Ukraine.
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