Mit Spannung dürften heute die Befürworter einer schottischen Unabhängigkeit auf die Entscheidung des britischen Obersten Gerichts gewartet haben. Es beschäftigte sich mit der Frage einer weiteren Volksabstimmung: Darf das Regionalparlament in Edinburgh ein Referendum über die Loslösung von London beschließen, auch wenn die britische Regierung dagegen ist?
Die Richter entschieden nun am Mittwoch in London, dass dies nicht möglich ist. Nötig sei dafür die Zustimmung der britischen Regierung. Der Vorsitzende Richter Robert Reed erklärte:
"Das schottische Parlament hat nicht die Befugnis, ein Gesetz für ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands zu erlassen."
Die Zentralregierung in London lehnte eine zweite Volksabstimmung bereits ab. Mit der höchstrichterlichen Entscheidung ist die von der schottischen Regionalregierung für Oktober 2023 geplante Volksabstimmung unmöglich.
Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, sagte Reed. Für das Gericht stehe eindeutig fest, dass es sich bei einem Gesetz über ein Unabhängigkeitsreferendum um eine Angelegenheit handele, die das ganze Land betrifft und deshalb außerhalb der Macht des Regionalparlaments liege. Der Richter ergänzte:
"Ein rechtmäßig abgehaltenes Referendum hätte wichtige politische Konsequenzen für die Union und das Parlament des Vereinigten Königreichs. Es würde die demokratische Legitimität der Union und die Hoheit des Parlaments des Vereinigten Königreichs über Schottland entweder stärken oder schwächen."
Der vorgeschlagene Gesetzentwurf sei daher mehr als nur eine lose Verbindung mit den Angelegenheiten, die der Zentralregierung vorbehalten sind.
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon zeigte sich enttäuscht. Auf Kurznachrichtendienst Twitter schrieb sie:
"Ein Gesetz, das es Schottland nicht erlaubt, unsere eigene Zukunft ohne die Zustimmung von Westminster zu wählen, entlarvt jede Vorstellung des Vereinigten Königreichs als freiwilliger Partnerschaft und stärkt die Sache der Unabhängigkeit.
Sie hatte angekündigt, ein Nein des Supreme Court anzuerkennen. Sie wolle dann aber die nächste britische Parlamentswahl zu einem Quasi-Referendum machen und den Wahlkampf ihrer Schottischen Nationalpartei (SNP) nur mit der Forderung nach Unabhängigkeit bestreiten.
Bei einer ersten Volksabstimmung im Jahr 2014 hatte sich eine Mehrheit der Schotten für den Verbleib in der Union mit Großbritannien ausgesprochen. Für London ist die Frage damit langfristig entschieden. Die schottische Regierungschefin Sturgeon argumentiert aber, dass der Brexit, den die Schotten im Jahr 2016 deutlich abgelehnt hatten, die Ausgangslage verändert habe. Sie will ein unabhängiges Schottland zurück in die EU führen. Im Parlament in Edinburgh sind die Unabhängigkeitsbefürworter in der Mehrheit.
Am Nachmittag wollen zahlreiche Menschen in mehreren schottischen Städten für die Unabhängigkeit ihres Landesteils demonstrieren. Auch in einigen europäischen Städten wie München sind kleinere Proteste geplant.
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(dpa/rt)