Kiew will sich nicht gefallen lassen, dass der ungarische Premier Viktor Orbán beim Spiel Ungarn gegen Griechenland am Sonntag einen "Großungarn-Schal" getragen hat. Darauf waren die Grenzen des früheren Königreichs Ungarn zu sehen, das unter anderem die Gebiete des heutigen Österreichs, der Slowakei, Rumäniens, Kroatiens, Sloweniens, Serbiens und der Ukraine umfasste. Am 4. Juni 1920 wurde der von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs erzwungene Vertrag von Trianon unterzeichnet. Rund zwei Drittel seines historischen Territoriums musste Ungarn damals an neu gegründete Nationalstaaten abtreten.
Der Sprecher des ukrainischen Außenamts, Oleg Nikolenko, teilte am Dienstag auf Facebook mit, der ungarische Botschafter werde einbestellt und auf die "Unannehmbarkeit der Tat von Viktor Orbán aufmerksam gemacht".
"Die Förderung von revisionistischen Ansichten in Ungarn trägt nicht zur Entwicklung der ukrainisch-ungarischen Beziehungen bei und entspricht nicht den Grundsätzen der europäischen Politik."
Das Außenamt der Ukraine forderte eine "Entschuldigung" und Klarstellung, wonach es keinerlei ungarische Ansprüche auf ukrainisches Staatsgebiet gibt. Kritik an Orbáns Schal kam auch aus Rumänien, wo die größte ungarische Minderheit – rund 1,5 Millionen Angehörige der Volksgruppe – lebt. Das Außenministerium in Bukarest sprach von einer "revisionistischen Äußerung".
Die Beziehungen zwischen Kiew und Budapest sind ohnehin angespannt, weil Orbán schon seit längerem die westliche Unterstützung für die Ukraine kritisch hinterfragt. Jüngst sprach sich der ungarische Premier gegen den EU-Hilfskredit für die Ukraine aus. Die EU-Länder sollten ihm zufolge den Gesamtbetrag, der für die Ukraine vorgesehen sei, "angemessen und gerecht" untereinander verteilen.
"Ungarn ist nicht damit einverstanden, dass die EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam Kredite zur Unterstützung der Ukraine bereitstellen sollen."
"Das ist nicht unser Krieg", hatte Orbán wiederholt bezüglich des Ukraine-Konflikts betont. Dieser wäre niemals ausgebrochen, wenn US-Präsident Donald Trump und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel weiter an der Macht geblieben wären, behauptete Ungarns Regierungschef. Die Ukrainer würden niemals gewinnen, die vom Westen verhängten Sanktionen würden Russland nicht in die Knie zwingen.
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