In Frankreich herrscht dicke Luft: Aufgrund eines Streiks bei Raffinerie-Mitarbeitern, der mittlerweile rund zwei Wochen dauert, herrscht im Land Benzinknappheit. Fast jede dritte Tankstelle hat derzeit keinen Sprit mehr. Die Folgen: Kilometerlange Staus vor Tankstellen, erhitzte Gemüter und auch Schlägereien vor den wenigen noch funktionierenden Zapfsäulen. Besonders dramatische Szenen ereigneten sich Anfang der Woche in Villiers-Le-Bel bei Paris, als eine Gruppe junger Männer eine Tankstelle besetzte und Benzin an Leute, die sie kannten, verteilten. Auswärtige Autofahrer wurden abgewiesen, bis die Polizei eingriff.
Von den Streiks betroffen sind sechs der sieben Raffinieren Frankreichs. Die Gewerkschaft CGT verlangt eine Lohnerhöhung um zehn Prozent bei Beschäftigten in den Raffinerien des Energiekonzerns Total. Am Mittwoch soll es Gespräche mit allen Gewerkschaften geben.
Allerdings scheinen in Frankreichs Regierung die Nerven mittlerweile blank zu liegen: Man spricht von einer "sehr angespannten Lage" und einem "absoluten Notfall" und greift zu harten Maßnahmen: Laut einem Dekret dürfen Bürger keine Benzinkanister mehr befüllen, zahlreiche Tankstellen haben den Verkauf auf 30 Liter pro Wagen begrenzt.
Regierungssprecher Olivier Véran kündigte an, dass man die Arbeiter der Raffinerie von Port-Jérôme am Mittwoch zur Arbeit verpflichten wolle. Auch eine zweite Raffinerie in Dunkerque soll durch Zwangsmaßnahmen wieder in Betrieb genommen werden. Dem Regierungssprecher zufolge sollen nun Dienstverpflichtungen der Beschäftigen das Befüllen der Tanklastwagen ermöglichen. Die Lage könne sich innerhalb weniger Tage wieder normalisieren, wenn die Belieferung der Tankstellen wieder Fahrt aufnehmen sollte, so die Hoffnung der Regierung.
Dabei ist die Lage in Frankreich ohnehin angespannt: Vor einigen Wochen legte ein Generalstreik die Bahn und zahlreiche Schulen und Kindergärten lahm. Vor wenigen Tagen legten zudem Angestellte des Stromkonzerns EDF ihre Arbeit nieder. Lionel Lerogeron, Mitglied im Komitee der Gewerkschaft CGT, erklärte, dass man noch nie so viele Streiks wie in diesem Jahr hatte – dafür gebe es allerdings gute Gründe:
"Die Regierung spielt eine Notlage in der Wirtschaft vor, die nicht zutrifft: Noch nie haben die großen Konzerne Frankreichs so viele Profite eingefahren wie in diesem Jahr."
Nach einem Bericht der Zeit machte TotalEnergies 2021 einen Gewinn von 16 Milliarden Euro, auch 2022 gab es überdurchschnittlich hohe Gewinne. Angesichts dieser Krisengewinne und der Inflation, die die normale Bevölkerung hart trifft, fallen die Forderungen der Streikenden eher moderat aus.
"Viele Menschen arbeiten hart und müssen in der Inflation trotzdem am Ende des Monats am Essen sparen – deswegen wird es jetzt knallen."
Das staatliche Eingreifen sei laut Lerogeron hingegen ein "Spiel mit dem Feuer":
"Sollte sie die Polizei schicken, um die Raffinerie zu räumen – wer soll die Fabrik wieder anstellen?"
Man könne nicht einfach einen Knopf drücken, bei einer Wiederinbetriebnahme müsse man zahlreiche Dinge beachten. Dafür benötige man Profis.
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