Rafael Grossi, der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), hat bestätigt, dass dem von Russland kontrollierten Kernkraftwerk Saporoschje in der Ukraine Schäden zugefügt wurden, verzichtete jedoch darauf, einen Schuldigen zu benennen. Zudem könne er nicht sagen, ob der Schaden zufällig oder vorsätzlich entstand.
Gegenüber Reportern betonte Grossi, nachdem er am Freitag in das von der Ukraine kontrollierte Gebiet zurückgekehrt war:
"Es ist offensichtlich, dass die physische Unversehrtheit der Anlage mehrmals verletzt wurde. Ob zufällig oder absichtlich. Wir haben nicht die Möglichkeiten, um das zu beurteilen, aber das ist die Realität, die wir anerkennen müssen."
Der IAEA-Chef fügte hinzu:
"Ich mache mir Sorgen, ich mache mir Sorgen und ich werde mir weiterhin Sorgen um die Anlage machen, bis wir eine stabilere, vorhersehbare Situation haben."
Grossi, der Leiter des IAEA- Expertenteams, das am Donnerstag am Kernkraftwerk Saporoschje angekommen war, sagte, er habe während des Besuchs viel gesehen und persönlich einige Schlüsselbereiche der Anlage inspiziert, darunter Notfallsysteme, Dieselgeneratoren und Kontrollräume.
Nach dem Besuch der Anlage werde die Atombehörde "nirgendwo hingehen", versicherte er Reportern und wiederholte, dass die UN-Atomaufsichtsbehörde plane, eine ständige Präsenz in der Anlage einzurichten.
Weiter sagte Grossi, dass einige Experten seines Teams bis Sonntag oder Montag bei der Anlage bleiben werden, um weiter zu ermitteln und Daten für einen Bericht zu sammeln.
Russland berichtete, die Ukraine habe am Donnerstag das Kernkraftwerk Saporoschje beschossen und Einheiten zur Erstürmung der Anlage entsandt. Grossi räumte ein, dass die Sicherheitslage am Werk bei seinem Besuch schwierig gewesen sei. Der Atomexperte präzisierte:
"Es gab Momente, in denen das Feuer offensichtlich war. Schweres Maschinengewehrfeuer, Artillerie, Mörser. Die Dinge wurden für das UN-Team zwei- oder dreimal sehr besorgniserregend."
Das Kernkraftwerk Saporoschje ist seit März unter russischer Kontrolle, wird aber weiterhin von ukrainischem Personal betrieben. Der IAEA-Chef lobte den "unglaublichen Grad an Professionalität" dieser Mitarbeiter und sagte, er habe sie "ruhig und aktiv" gesehen.
Moskau beschuldigte die Kiewer Streitkräfte, Europas größtes Kernkraftwerk im August wiederholt angegriffen zu haben. Russland warnte mehrfach davor, dass die Angriffe zu einer Katastrophe führen könnten, die jene von Tschernobyl im Jahr 1986 in den Schatten stellen würde. Dieses Mal könnte radioaktives Material möglicherweise Polen, die Slowakei, Rumänien, Moldawien, Weißrussland und sogar Deutschland erreichen.
Kiew behauptet, dass russische Streitkräfte das Kraftwerk in eine Militärbasis verwandelt und die Anlage selbst beschossen hätten, um Kiew hierfür die Schuld zu geben. Moskau weist die Anschuldigungen wiederholt zurück und drängt darauf, dass internationale Inspektoren den Standort besuchen, damit sie die Situation selbst einschätzen können.
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