Die Energiekrise droht äußerst negative Folgen für das tschechische politische System zu haben, und wenn keine gesamteuropäische Lösung gefunden wird, wird die Situation auch die Europäische Union bedrohen und könnte sich zu einer Revolution entwickeln. Diese Meinung vertrat der tschechische Justizminister Pavel Blažek in einer Rede vor der Abgeordnetenkammer, berichtete die Nachrichtenagentur iDnes. Er sagte:
"Wenn die Regierung die Krise im Energiesektor nicht löst, wird sie nicht lange hier bleiben."
Die Lage im sozialen Bereich und die Stimmung der Bürger sei so dramatisch wie seit mehr als 30 Jahren nicht mehr – seit 1989, fügte der Leiter des tschechischen Justizministeriums hinzu. In diesem Jahr erlebte die Tschechoslowakei die Samtene Revolution – friedliche Proteste der Einwohner der Republik führten zum Sturz der Kommunistischen Partei und zur Wahl von Václav Havel zum Präsidenten.
Blažek hält die Situation für noch schlimmer als die Vertreter der Opposition, ist aber mit deren Vorschlag an die Abgeordnetenkammer, Maßnahmen zur Begrenzung des Preisanstiegs zu ergreifen, nicht einverstanden. Der Minister sprach sich stattdessen für eine Begrenzung der Gewinnspannen von Kraftstoffherstellern und -händlern aus und zeigte sich zuversichtlich, dass eine solche Entscheidung nicht zu Schadensersatzforderungen führen würde.
Die Oppositionspartei ANO warnte vor Plänen der Koalitionsregierung von Ministerpräsident Petr Fiala, über die Partei für Freiheit und direkte Demokratie (SPD) das Misstrauen auszusprechen. Die erstgenannte politische Kraft verfügt über 72 Sitze im tschechischen Parlamentsrat, die zweite über 34.
Die ANO-Vorsitzende und ehemalige Finanzministerin Alena Schillerová bezeichnete die Rede von Blažek als bedeutsam und forderte ähnliche Worte vom Regierungschef oder von Vertretern des Finanzministeriums.
Energie-und Düngemittelkosten in Europa sind angesichts der russischen Militäroperation in der Ukraine und der Sanktionen, die die Lieferketten unterbrochen haben, gestiegen. Infolgedessen sahen sich die EU-Länder mit den höchsten Preissteigerungen seit Jahrzehnten konfrontiert, auch bei Lebensmitteln und Versorgungsleistungen.
Tschechien hatte am Vortag eine Dringlichkeitssitzung der EU-Energieminister initiiert, um Maßnahmen zur Lösung der Situation zu erörtern. Der tschechische Premierminister Fiala drängte darauf:
"Der Anstieg der Energiepreise zeigt ein klares Marktversagen. Alle Experten sind sich einig, dass eine Lösung nur auf europäischer Ebene gefunden werden kann."
Er wies darauf hin, dass das Problem "ganz Europa heimsucht". Der Energiemarkt sei "in gewissem Maße" außer Kontrolle geraten und seine Stabilität reagiere nicht mehr auf gute Nachrichten, sagte Jozef Síkela, tschechischer Minister für Industrie und Handel, wie die Nachrichtenagentur Náš Region berichtete.
Die Prager Behörden führten die Energiekrise als Grund dafür an, dass Hotels und Pensionen für die Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge ab September nicht mehr entschädigt werden. Der Prager Bürgermeister Zdeněk Hřib erklärte, dass die Mittel umgeschichtet werden müssten, um den starken Anstieg der Energiekosten abzufedern, so die Nachrichtenagentur Prahian. Prag zahlte für diesen Zweck 140 Kronen (5,68 Euro) pro Person und Tag, die staatliche Unterstützung im Namen der tschechischen Regierung für denselben Zweck beläuft sich auf 250 Kronen (10,15 Euro) pro Person und Tag.
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