Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Rafael Grossi, sagte am 23. August, er beabsichtige, das Kernkraftwerk Saporoschje in der Ukraine in den kommenden Tagen im Rahmen einer Erkundungsmission persönlich zu besuchen. Europas größtes Atomkraftwerk, das seit März unter russischer Kontrolle steht, ist durch wiederholte ukrainische Artillerieangriffe gefährdet.
Grossi ließ gegenüber der BBC am Dienstag verlauten, er erwarte, die IAEO-Mission "innerhalb von Tagen, nicht Wochen" persönlich zu leiten. Er wollte allerdings nicht sagen, ob die Teilnehmer durch von Russland oder von der Ukraine kontrolliertes Gebiet reisen würden. Er erklärte lediglich, dass derlei Angelegenheiten angesichts der Dringlichkeit der Situation "beiseite gelegt" werden müssten.
Die IAEO wolle die Integrität des Kernkraftwerks Saporoschje inspizieren, dort mit russischen und ukrainischen Mitarbeitern sprechen und eine ständige Präsenz vor Ort aufbauen, so Grossi weiter.
Moskau hat wiederholt eine IAEO-Inspektion gefordert, seit das AKW Saporoschje Mitte Juli erstmals angegriffen wurde. Das russische Verteidigungsministerium sagt, ukrainische Artillerie beschieße das Werk mit Raketenwerfern, die von der NATO bereitgestellt werden. Kiew hat die Verantwortung dafür von sich gewiesen und Russland beschuldigt, die Atomanlage beschossen zu haben, um die Ukraine zu diskreditieren.
Die Regierung in Kiew hat ihrerseits darauf bestanden, dass das IAEO-Team nur über die Ukraine zum Standort des AKWs reisen könne. Und Russlands ständiger Gesandter bei der Organisation, Michail Uljanow, erklärte in der letzten Woche, er halte eine Inspektion "Anfang September" für möglich – vorausgesetzt, es gebe keine Einmischung durch "externe Faktoren, die nichts mit den Zielen des IAEO-Besuchs zu tun haben."
Russland wollte eigentlich bereits eine IAEO-Mission im Juni, so Uljanow. Dieser Vorschlag sei jedoch nicht angenommen worden, und "in gewisser Weise müssen die Dinge jetzt von Grund auf neu gemacht werden."
Das Werk Saporoschje befindet sich in Energodar, einer Stadt in der Südukraine, die seit März unter der Kontrolle russischer Truppen steht. Bis zum Beginn der Artillerieangriffe im Juli hatte das zivile Personal des AKWs den Betrieb ungehindert fortgesetzt.
Während die USA und ihre Verbündeten forderten, dass Russland die Anlage an die Ukraine zurückgeben solle, hat Kiew die Idee einer 30 Kilometer langen demilitarisierten Zone um das Kernkraftwerk vorgeschlagen. Moskau wies beide Forderungen als inakzeptabel zurück und berief sich auf wiederholte "Provokationen" der ukrainischen Streitkräfte.
Übersetzung aus dem Englischen
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