Polen will EU-weites Visaverbot für Russen erwirken

Noch gibt es Widerstand gegen ein EU-weites Visaverbot für Russen. Doch Warschau arbeitet offenbar an einem Plan, um den Widerstand einiger westeuropäischer Staaten zu überwinden. Laut dem stellvertretenden polnischen Außenminister könnte bald eine Entscheidung vorliegen.

Warschau arbeitet derzeit an einem Entwurf für einen Plan, der es der EU erlauben würde, russischen Reisenden das Visum zu verweigern, sagte der stellvertretende polnische Außenminister Piotr Wawrzyk am Sonntag der Nachrichtenagentur PAP. Eine Entscheidung in dieser Angelegenheit sei in den kommenden Wochen zu erwarten, fügte er hinzu.

Wawrzyk ging nicht auf die genauen Einzelheiten des Vorschlags ein, der sich noch in der Ausarbeitung befinden soll. Er sagte aber, das Ziel bestehe darin, den möglichen Widerstand einiger wichtiger EU-Mitglieder zu überwinden, die sich bis jetzt gegen ein generelles Visaverbot für alle Russen aussprechen.

Polen will für seinen Plan das 2007 zwischen Brüssel und Moskau geschlossene Abkommen über die "Erleichterung der Visaerteilung" gänzlich aussetzen. Dieses Abkommen regelt die Ausstellung von Visa "für einen beabsichtigten Aufenthalt von nicht mehr als 90 Tagen pro Zeitraum von 180 Tagen" für die Bürger Russlands und der EU.

Wawrzyk zufolge sind jedoch nicht alle EU-Mitglieder mit einer solchen Initiative einverstanden. "Große Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, Frankreich und die Niederlande, sind dagegen", sagte er. Da es "unmöglich ist, den Widerstand dieser Länder gegen die Aussetzung des Abkommens zu überwinden, ... arbeitet Polen an einer neuen Lösung", ergänzte Wawrzyk.

Warschau führe bereits "seit einigen Wochen" Gespräche mit einigen EU-Mitgliedsstaaten, so Wawrzyk weiter. Er fügte hinzu, dass Lettland, Litauen, Estland sowie die Tschechische Republik und die Slowakei mit Polens Ansatz in dieser Frage übereinstimmten. "Wir können mit einer Entscheidung in dieser Angelegenheit in den kommenden Wochen rechnen", so der stellvertretende Außenminister.

"Ein Privileg, kein Menschenrecht"

Wawrzyk begrüßte die Entscheidungen von Tallinn und Riga, die Ausstellung von Visa für Russen auszusetzen oder zu beschränken. "Besser spät als nie", so Wawrzyk. Polen stellt bereits seit einigen Monaten keine Touristenvisa mehr für Russen aus. Warschau lässt nur Diplomaten, Lkw-Fahrer, die zum Arbeiten nach Polen reisen, und Familienangehörige von polnischen und EU-Bürgern zu.

Anfang dieser Woche erklärte die Tschechische Republik, die den rotierenden EU-Vorsitz innehat, dass sie sich für ein generelles Einreiseverbot für Russen einsetzen werde. Die Mitglieder der Union werden das Thema auf einem Ministergipfel Ende August in Prag erörtern.

Lettland hat Anfang des Monats die Ausstellung von Visa für fast alle russischen Staatsbürger eingestellt und dies mit Sicherheitsbedenken begründet. Estland erklärte am Donnerstag, dass es dasselbe tun werde. Tallinn plant ebenfalls ein Einreiseverbot für russische Staatsbürger mit estnischem Visum ab dem 18. August. Die estnische Premierministerin Kaja Kallas bezeichnete letzte Woche Reisen in die EU als "ein Privileg, kein Menschenrecht" und forderte andere Mitgliedsstaaten auf, diesem Beispiel zu folgen.

Die finnische Regierung, die dieselbe Maßnahme befürwortet, wird voraussichtlich am Dienstag über mögliche Beschränkungen bei der Ausstellung von Visa für Russen diskutieren, berichtet der finnische Rundfunk YLE.

Deutschland war bisher eines der wenigen EU-Länder, die sich gegen eine solche Maßnahme ausgesprochen haben. Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich skeptisch über ein mögliches pauschales Verbot und erklärte, dass es die Wirksamkeit anderer Sanktionen beeinträchtigen würde, da es "unschuldige Menschen" treffe.

Moskau hat die vorgeschlagenen Maßnahmen als "schamlosen Nationalismus" und Fremdenfeindlichkeit kritisiert. Der Kreml drückte auch seine Hoffnung aus, dass sich der "gesunde Menschenverstand" mit der Zeit durchsetzen werde.

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