Die Europäische Union muss die Realität der Gaslieferungen aus Russland aufgrund von Fakten behandeln, anstatt diese durch die Brille eines Dogmas zu betrachten, warnte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó.
"Es ist erwiesen, dass der Import von Erdgas kein ideologisches Problem ist, sondern ein physisches, das nicht einfach durch einen Dialog gelöst werden kann",
teilte Szijjártó Journalisten am vergangenen Freitag nach seiner Reise nach Moskau mit.
Als Reaktion auf die Ende Februar von Russland begonnene Militäroperation in der Ukraine hat die Europäische Union alle Mitgliedsstaaten aufgefordert, ihre Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren.
Deutschland löste vergangene Woche erneute eine "Alarmstufe" in seinem "Notfallplan Gas" aus, während die Europäische Kommission die Mitgliedsstaaten dazu aufforderte, den Gasverbrauch vom kommenden August bis Ende März des nächsten Jahres um 15 Prozent zu reduzieren. Budapest hat jedoch angekündigt, weitere 700 Millionen Kubikmeter Gas aus Moskau zu importieren, um sicherzustellen, dass das Land über genügend Reserven für den Winter verfügt. Laut Szijjártó können die erforderlichen Mengen nur aus Russland bezogen werden.
Szijjártó fragte rhetorisch in die Runde:
"Ich will ehrlich sein: Ich habe in den letzten Monaten von führenden Politikern in Westeuropa gehört, dass man alles unter Kontrolle gebracht habe. Man habe alternative Quellen gefunden, das Gas von woanders bezogen und sich so von der Abhängigkeit von Russland befreit. Warum also die Alarmstufe?"
"Aber bald kommt die Heizperiode, und die Politiker müssten spätestens dann bekannt geben, ob Gas vorhanden ist oder nicht", fügte er hinzu und betonte, dass Politiker der Öffentlichkeit die Wahrheit über die Energieversorgung "nicht verschweigen dürfen".
Der russische Staatskonzern Gazprom hatte am vergangenen Donnerstag die Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach einer zehntägigen Wartungspause wiederaufgenommen. In Westeuropa machte sich die Befürchtung breit, dass Moskau die Gasversorgung komplett einstellen könnte. Offizielle Stellen in Deutschland hatten zuvor davor gewarnt, dass ein sofortiger Stopp der Gaslieferungen aus Russland der deutschen Wirtschaft schweren Schaden zufügen würde.
Ungarn hingegen stellt sich auf die Position, dass die EU sich auf die Interessen ihrer Bürger konzentrieren soll, anstatt sich zunehmend in den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine einzumischen. Ministerpräsident Viktor Orbán tätigte kürzlich die Bemerkung, dass Brüssel sich mit der Verhängung von Sanktionen gegen Moskau "nicht in den eigenen Fuß, sondern in die eigene Lunge geschossen" habe und jetzt langsam daran erstickt.
Der Druck aus Ungarn und aus mehreren anderen Mitgliedsstaaten führte dazu, dass die EU diese Länder von einem im März angekündigten Embargo gegen russisches Öl ausnahm.
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