Seit Wochen wird von Volkswirtschafts-Experten wiederholt erklärt, dass man sich auf eine hohe Inflation einstellen müsse. Und die sei obendrein "weltweit gekommen, um zu bleiben", wie es der Ökonom Niklas Potrafke sagte. Für dieses Jahr rechnet nun auch die EU-Kommission mit Höchstwerten der Inflation im Euro-Raum. Wie aus der Sommer-Konjunkturprognose der Brüsseler Behörde am Donnerstag hervorgeht, werde die Teuerung im Jahresdurchschnitt voraussichtlich 7,6 Prozent erreichen.
Bei ihrer Frühlingsprognose im Mai war die EU-Kommission noch von immerhin bereits 6,1 Prozent Inflation für die Euro-Länder ausgegangen.
Für die gesamte Europäischen Union wird demnach in diesem Jahr sogar eine Preissteigerung von 8,3 Prozent erwartet, statt bisher "nur" 6,8 Prozent. Im kommenden Jahr solle sich die Inflation etwa halbieren und dann bei durchschnittlich 4 Prozent im Euro-Raum und bei 4,6 in der gesamten EU liegen.
Beim Wirtschaftswachstum geht die EU-Kommission nach wie vor davon aus, dass die EU-Wirtschaft 2022 um 2,7 Prozent wachsen werde. Für den Euro-Raum werden 2,6 Prozent Wachstum erwartet, was eine leichte Anpassung verglichen mit den im Mai vorhergesagten 2,7 Prozent darstellt.
Für das nächste Jahr korrigierte die Kommission ihre Vorhersagen allerdings deutlich nach unten. Sie geht von 1,5 Prozent Wachstum in der gesamten EU und 1,4 Prozent im Euro-Raum aus. Im Mai sprachen die Ökonomen noch von 2,3 Prozent sowohl in der EU als auch in der Eurozone. Hintergrund ist unter anderem die Lage auf den Energiemärkten.
In den vergangenen Monaten sind die Energiepreise – etwa für Gas und Treibstoffe – in die Höhe geschossen. Dies führte auch zum Anstieg der Lebensmittelpreise.
Alarm schlugen am Mittwoch etwa das Evangelische Werk für Diakonie und der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Marcel Fratzscher. Sie betonten, dass die Inflation einkommensschwache Haushalte überproportional treffe. In vielen Fällen führe sie zu existenzbedrohenden Krisen. Die bisherigen Entlastungen seien unzureichend. Die Diakonie schlug vor, dass Bedürftige einen Krisenzuschlag auf ihre staatliche Leistung von mindestens 100 Euro pro Monat für eine Dauer von sechs Monaten erhalten sollten.
Nach Anagen des DIW geben 20 Prozent der Haushalte, die nämlich am einkommensschwächsten sind, mehr als 62 Prozent ihrer Konsumausgaben allein für Nahrungsmittel, Wohnen und Energie im Haushalt aus. Bei den einkommensstärksten 20 Prozent macht das demnach 44,1 Prozent aus.
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie berichtete, dass die Notlage von Millionen Menschen sich immer stärker an den Tafeln zeige:
"Dort begegnen wir tagtäglich verzweifelten Menschen, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Heizung oder ihre Wohnkosten oder ihre immer teurer werdenden Lebensmittel bezahlen sollen."
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(dpa/rt)