Die Welt werde niemals sicher sein, solange es das gegenwärtige Russland gebe, sagte der ehemalige polnische Präsident Lech Wałęsa am Freitag gegenüber dem französischen Sender LCI. Russland sei von Natur aus "imperial" und werde immer versuchen, "Völker zu annektieren", so Wałęsa.
Weiter führte der ehemalige polnische Präsident aus, dass selbst wenn die westlichen Staaten der Ukraine helfen würden, den Konflikt mit Moskau zu gewinnen, die Welt nicht sicherer sei. Denn, so Wałęsa, die internationale Gemeinschaft werde möglicherweise "in fünf Jahren" einen weiteren Konflikt mit Russland erleben. Und er fügte hinzu:
"In zehn Jahren werden wir einen anderen Putin erleben."
Um eine solche Entwicklung zu verhindern, müsse der Westen "einen politischen Systemwechsel" in Russland erzwingen, so Wałęsa weiter. Sollte sich dies als unmöglich erweisen, wäre die "Organisation eines Aufstandes" eine weitere Option für den ehemaligen Gewerkschaftsführer. Laut Wałęsa gibt es in Russland noch "60 Völker, die annektiert wurden, so wie heute die Ukrainer annektiert werden". Es wäre "notwendig, diese Völker ... zum Handeln zu bewegen", um die Bevölkerung Russlands "auf weniger als 50 Millionen zurückzubringen".
Nach der letzten Volkszählung im Jahr 2021 beläuft sich die Bevölkerung Russlands derzeit auf rund 147 Millionen Menschen, wie die staatliche Statistikbehörde Rosstat im April mitteilte. Wałęsa, der zu den Mitbegründern der Solidarność-Bewegung gehörte, die die sozialistische Regierung in Polen zu Fall brachte, erklärte auch, dass der Westen Russland nach der Auflösung der UdSSR "zu Fall hätte bringen sollen", aber schließlich auf das "positive Image des letzten sowjetischen Führers, Michail Gorbatschow, hereingefallen" sei und "seine Chance verpasst" habe:
"Wir hätten Russland zu Fall bringen sollen. Aber Gorbatschow war zu klug. Wir sagten uns damals: 'Es gab Stalin, Breschnew, aber Gorbatschow ist nett.'"
Er fügte hinzu, dass "das damals unser Fehler war". Dem ehemaligen polnischen Staatschef zufolge wurde Russland erlaubt, die schweren Zeiten "abzuwarten" und "so weiterzumachen wie seit Jahrhunderten, indem es immer wieder Menschen in sein Reich annektiert".
Der ehemalige polnische Präsident verteidigte auch die NATO- und EU-Erweiterung. Der Westen verfolge zwar seine eigenen Interessen und versuche, seinen Einfluss und seine Macht auszuüben, tue dies aber "auf demokratische Weise". Wałęsa wörtlich:
"Es gibt jetzt zwei Systeme: ... die Demokratien und die NATO, die expandieren wollen, aber mit demokratischen Mitteln, indem sie die Zustimmung der Völker suchen, [und] ... Russland und China, die auf die alten Methoden der Annexion zurückgreifen."
Wałęsa, der zwischen 1990 und 1995 Präsident war, hat sich in letzter Zeit als einer der schärfsten Kritiker Russlands erwiesen. Anfang Februar, noch vor Beginn der militärischen Eskalation in der Ukraine, rief der ehemalige polnische Staatschef die Welt zu einer "sofortigen Reaktion auf Russlands Angriff auf die Ukraine" auf. Damals sagte er, auf einen Angriff Russlands auf Kiew sollte "ein Angriff auf Moskau" folgen. Allerdings hatte er Anfang Februar Russland noch als "großes Land" bezeichnet, das nur "Probleme hat". Zudem hatte er erklärt, dass er "Putin sehr respektiert und ihn unterstützt".
Die Äußerungen Wałęsas blieben nicht ohne Reaktion in Russland. Der erste stellvertretende Leiter des internationalen Komitees des Föderationsrates Wladimir Dschabarow kommentierte:
"Was kann man hier sagen. Der ehemalige Elektriker der Danziger Werft, der durch den Willen des Schicksals an der Spitze der Gewerkschaft Solidarność stand, die sich den Behörden widersetzte, wurde schließlich sogar Präsident Polens. Doch das höchste Amt im Staat hat ihm leider keinen Intellekt, keine Weisheit oder, entschuldigen Sie, keinen Verstand verliehen."
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