Boris Johnson tritt als Parteichef zurück - bleibt aber vorerst Premier

Der britische Premierminister Boris Johnson ist als Chef seiner Konservativen Partei zurückgetreten. Er wolle aber als Regierungschef weitermachen, bis ein Nachfolger gewählt ist, sagte Johnson am Donnerstag in London. Er selbst wurde vor knapp drei Jahren von seiner Partei ins Amt gewählt.

Der britische Premierminister Boris Johnson tritt als Parteichef der Tories zurück, bleibt aber vorerst Regierungschef. Das verkündete er am Donnerstag vor der Downing Street 10. Zuvor waren zwei weitere Minister von ihren Ämtern zurückgetreten. Selbst der erst berufene neue Finanzminister Nadhim Zahawi stellte sich öffentlich gegen den Premier.

Mit dem Rücktritt vom Posten des Parteichefs wird Johnson automatisch auch sein Amt als Regierungschef los. Laut BBC soll in diesem Sommer schon das Rennen um die neue Führung der Konservativen stattfinden. Demnach soll dann rechtzeitig zum Parteitag der Tories im Oktober ein neuer Premierminister feststehen, heißt es weiter im Bericht des britischen Senders.

Johnson war in den vergangenen Tagen parteiintern massiv unter Druck geraten. Allein in den vergangenen drei Tagen waren mehrere, auch hochrangige Kabinettsmitglieder zurückgetreten. Zuletzt hatte ihn sogar der erst am Dienstag ins Amt berufene Finanzminister Zahawi dazu aufgefordert, sein Amt niederzulegen.

Noch am Mittwoch hatte James Duddridge, Johnsons parlamentarischer Assistent und enger Vertrauter, gegenüber dem britischen Sender Sky News erklärt, der Premier werde nicht aufgeben. Er sei demnach "in einer optimistischen Stimmung und wird weiterkämpfen". Johnson habe bei der vergangenen Parlamentswahl das Mandat von 14 Millionen Wählern bekommen und "so viel zu tun für das Land". Doch am Donnerstag kam dann die Kehrtwende.

In den vergangenen Monaten erschütterten mehrere Skandale die britische Regierung und brachten den Premier in Bedrängnis. Johnson stand zunächst massiv in der Kritik wegen Partys im Regierungssitz Downing Street, während zur gleichen Zeit strenge Corona-Maßnahmen im Land galten. Johnson selbst hatte an einer der illegalen Zusammenkünfte teilgenommen, sah darin aber "keinen Regelbruch". Er entschuldigte sich zwar, fügte aber gleichzeitig hinzu, dass er glaubte, dass es sich dabei "ausdrücklich" um "ein Arbeitstreffen" gehandelt habe. Im Mai 2020 fand eine Gartenparty mit rund 100 Gästen in der Downing Street statt, währenddessen war in Großbritannien der erste Lockdown mit strengen Bestimmungen verhängt worden.

Vor wenigen Wochen folgte ein weiterer Skandal – die Affäre um Johnsons Parteikollegen Chris Pincher, dem sexuelle Belästigung zweier Männer vorgeworfen wird. Zuvor war herausgekommen, dass Johnson von den Anschuldigungen gegen Pincher wusste, bevor er ihn in ein wichtiges Fraktionsamt hievte. Das hatte sein Sprecher zuvor jedoch mehrmals abgestritten.

Der Unmut in der Partei wuchs täglich. Zuletzt hatten die Konservativen zwei Nachwahlen verloren, nachdem Abgeordnete wegen sexuellen Fehlverhaltens zurückgetreten waren. Vor weniger als drei Jahren führte Boris Johnson die Tory-Partei zu ihrem größten Wahlsieg seit 1987.

Auch in der Bevölkerung wuchs die Kritik an Johnson und seiner Regierung zunehmend – wegen steigender Inflation (9,1 Prozent). 

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