von Felicitas Rabe
Am Freitagabend lud der Gesprächskreis Nachdenkseiten Köln zur Vorführung des neuen Dokumentarfilms "Leben und Sterben im Donbass" ein. Die Zuschauer wurden in die harte Realität des Maidanputsches und das in der Ukraine seit 2014 andauernde Kriegsgeschehen mitgenommen.
Der Dokumentarfilmemacher Wilhelm Domke-Schulz hat an der Filmhochschule Babelsberg zu DDR-Zeiten Film- und Fernsehwissenschaften studiert. Aufgrund seines politischen Hintergrunds und seiner Affinität zu Russland orientiert er die Themen und Machart seiner Dokus an der Ästhetik sowjetischer Filme.
Wer verstehen möchte, wie sich die politische Situation und die Eskalation der Gewalt seit 2014 in der Ukraine entwickeln konnte und welche Interessen dabei eine Rolle spielen, bekommt im Film "Leben und Sterben im Donbass" eine aufrüttelnde Zusammenfassung der Ereignisse seit dem Maidanaufstand in Kiew und dem Putsch gegen die ukrainische Regierung.
Der Film ist nichts für schwache Nerven: Für die wahrhaftige Darstellung des mörderischen Bürgerkriegs beinhaltet die Dokumentation sehr viele Originalaufnahmen der bewaffneten Kämpfe. Zur Aufklärung der Ereignisse, von der Abspaltung der Krim bis zur Abspaltung des Donbass, müssen diese Bilder aber gezeigt und zugemutet werden.
Durch die teilweise chronologische Zusammenstellung der grausamen Geschehnisse kann der Zuschauer allmählich verstehen, warum sich die Krimbewohner nach dem Maidan sowie nach der Bewaffnung rechtsradikaler Organisationen und der Ermordung russischstämmiger Menschen schließlich für ein Referendum entschieden. Demnach wurde die Abspaltung der Krim von antirussischen ukrainischen Terrorbanden, man kann sagen durch deren Progrome, selbst vorangetrieben und nicht – wie vom Mainstream behauptet – von Wladimir Putin.
Im Film wird auch erklärt, warum die Bewohner des Donbass besorgt waren, dass sich Gewalt und Gesetzlosigkeit, wie sie nach dem Maidan in weiten Teilen der Westukraine herrschten, immer weiter nach Osten ausbreiten würden. Marodierende bewaffnete Banden veranstalteten als verlängerter Arm der Putschregierung Chaos und versetzten die Menschen landesweit in Angst und Schrecken.
Aufnahmen zeigen, wie sich schon während der Aufstände russischstämmige Donbassbewohner nach Kiew begaben und dort einen Anti-Maidan organisierten. Im Mainstream wurde dies nicht portraitiert. Letztendlich konnte dies aber die Entwicklung menschenrechtsfreier Zustände in der Ukraine nicht aufhalten.
Als Zuschauer kann man dann sehr eindrücklich nachvollziehen, weshalb die Menschen im Donbass begannen, sich selbst zu organisieren, um Recht und Ordnung in ihrem Gebiet aufrechtzuerhalten. Besonders verstörend sind hierzu die Originalaufnahmen vom Anschlag auf die Menschen im Gewerkschaftshaus in Odessa und vom Bombenattentat auf den beliebten Volksrepräsentanten der Volksrepublik Donezk Alexander Sachartschenko.
Mit dem Aufbau ihrer eigenen Verwaltungsstrukturen sorgten die Einwohner des Donbass seit 2014 dafür, dass ihre Region von demokratischen Kräften administriert wurde. Die durch Wahlen legitimierte regionale Selbstverwaltung war auch der Hauptgrund, warum Kiew neben dem Einsatz illegal bewaffneter Terrorgruppen schließlich bereits seit 2014 auch militärisch gegen die eigenen Bürger im Donbass vorgeht.
Im Film wird belegt, wie sich die Bürger der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk somit seit acht Jahren unter Inkaufnahme großer ziviler Opfer gegen illegal bewaffnete Truppen und gegen das ukrainische Militär zur Wehr setzen. Immer wieder forderten sie dabei die Unterstützung der russischen Regierung. Viele Bewohner hoffen seit Jahren auf den Anschluss des Donbass an die Russische Föderation.
Russland zögerte lange. So erklärt der Film am Ende aber auch einen Teil der Gründe, die zum aktuellen militärischen Eingreifen der Russischen Föderation in der Ukraine führten. Die dramatischen Ereignisse werden neben den Bildern von Kämpfen und Zerstörungen aus einem blutigen Bürgerkrieg auch mittels Interviews mit Menschen aus den betroffenen Gebieten erläutert. Nicht zuletzt sorgt auch die Vorstellung der unmittelbar Betroffenen mit dafür, dass dieser Film unter die Haut geht.
Im Gespräch mit RT DE berichtete Wilhelm Domke-Schulz, dass das Publikum nach dem Film teilweise richtig geschockt sei. Schließlich werde hier das Gegenteil von dem dargestellt, was man seit acht Jahren im Mainstream über die Situation in der Ukraine erfahren würde. Und das Gegenteil davon, wie sich westliche Politiker darüber äußerten. Deshalb könne der Film, insbesondere bei den Menschen, die sich bisher noch nicht mit einer anderen Perspektive befasst hatten, auf einmal das Vertrauen in die eigene Regierung erschüttern.
Sinn und Zweck der Bilder bestehe aber genau darin, das Publikum mit einer Realität zu konfrontieren, welche ihnen vom Mainstream und von der Politik vorenthalten würde.
"Der Film bringt das Weltbild durcheinander – dafür ist er gemacht worden."
Neben der deutschen gebe es bereits eine russische Fassung der Dokumentation. Eine spanische und eine englische Fassung seien in Bearbeitung. Während der Film von der deutschen Kulturszene ignoriert werde, würden sowohl seine Dokumentation "Remember Odessa" als auch "Leben und Sterben im Donbass" demnächst auf dem Filmfestival in Sewastopol gezeigt werden.
Wilhelm Domke-Schulz hofft, dass sein aktueller Film durch die Weiterempfehlung in den sozialen Medien auch in Deutschland eine möglichst große Reichweite bekommt.
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