In seinem Auftritt am 12. Mai konnte sich der russische Spitzendiplomat Wassili Nebensja, ständiger Vertreter Moskaus bei den Vereinten Nationen in New York, der sonst stets ein Höchstmaß an Sachlichkeit und Zurückhaltung an den Tag legt, einen gewissen ironischen Zungenschlag nicht verkneifen. So konfrontierte Nebensja seinen französischen Kollegen Nicolas de Rivière mit der verblüffenden ukrainischen These, die Franzosen stammten eigentlich aus Galizien.
Um diese unerwartete 'Tatsache' zu bestätigen, verwies der Diplomat auf ein ukrainisches Geografielehrbuch für die 8. Klasse.
"Gallier aus Galizien"
"Die Lehrpläne für Geschichte und Geografie wurden am stärksten angepasst", so der ständige Vertreter Russlands. Er zeigte den Zuhörern ein von Masljak und Kapirulin herausgegebenes Geografielehrbuch und bemerkte:
"Die Vorfahren der Franzosen, Spanier, Portugiesen, Türken und sogar der Juden stammen aus der Ukraine. Ich möchte mich an meinen französischen Kollegen wenden. Nicolas, wussten Sie, dass Sie in Wirklichkeit Ukrainer sind? Sie glauben nicht daran? Lesen Sie das Lehrbuch."
Die Autoren des Lehrbuchs erklärten dies mit der Tatsache, dass die Vorfahren der Franzosen bekanntlich Gallier sind, die – so die ukrainischen Autoren – aus Galizien gekommen seien. Der russische Diplomat führte dieses Detail als Beispiel für die vollständige Ukrainisierung des Bildungswesens an, die das ukrainische Ministerium für Bildung und Wissenschaft betreibt. Er fügte hinzu, dass bereits im Jahr 2016 das Ministerium 25 Lehrpläne – bezeichnenderweise "unter Berücksichtigung der historischen Ereignisse der letzten Jahre" – genehmigt habe.
Nebensja fragte die Zuhörer auch, ob ihnen bewusst sei, dass laut den Lehrbuchautoren Ukrainer und Polen slawischer Herkunft sind, während Russen "ugro-finnischen" Ursprungs seien. Die Weißrussen wurden in diesem Lehrbuch den baltischen Völkern zugeordnet. Der UN-Botschafter erklärte:
"Im ukrainischen Geschichtslehrbuch für die 7. Klasse, herausgegeben von Ljach und Temirowa, heißt es, dass die Entstehung der ukrainischen Nation 140.000 Jahre zurückliegt. In dem von Turtschenko und Moroko herausgegebenen Geschichtslehrbuch für die 9. Klasse heißt es, dass die Ukrainer Ende des 18. Jahrhunderts eines der größten Völker Europas waren."
Herakles, Pharao Menes, Dschingis Khan – alles Ukrainer ...
Er stellte fest, dass der Autor des Buches "Die ukrainische Nation", Nikolaj Galitschanez, im Allgemeinen davon überzeugt sei, dass "die Bevölkerung Osteuropas in das erste Jahrtausend der neuen Zeitrechnung unter dem Namen Ukrainer" eingegangen ist. Nebensja sagte weiter:
"Und das, obwohl, wie Sie wissen, niemand die Bewohner der Gebiete, aus denen die heutige Ukraine besteht, als Ukrainer bezeichnet hat. Selbst in den Werken des Dichters Taras Schewtschenko, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts lebte, kommt der Begriff 'Ukrainer' überhaupt nicht vor. Die Bewohner all dieser Länder wurden Ruthenen, Russen oder im Extremfall Kleinrussen genannt."
In seinem Vortrag zitierte der Diplomat weitere absurde Theorien aus dem Bildungsprogramm der heutigen Ukraine. Gegenüber den Mitgliedern des Sicherheitsrates erklärte der ständige Vertreter:
"Es gibt zum Beispiel solch einen Historiker in der Ukraine wie Waleri Bebik (und er ist nicht der einzige). Er behauptet, Konstantinopel sei eine Kolonie von Chersonesos auf dem Gebiet des heutigen Sewastopol gewesen. Ein Vorfahre der Skythen sei ein 'Eingeborener' der Krim, Herakles, dessen Wurzeln von der Insel Chortiza am Dnjepr stammten."
Doch damit ist diese durchaus spezielle ukrainische Sicht auf die Geschichte noch längst nicht erschöpft:
"Es hat sich herausgestellt, dass der Name der Stadt Mena in der Region Tschernigow auf den ersten ägyptischen Pharao Menes zurückgeht, und der ukrainische Staat selbst ist schätzungsweise mehr als 7.500 Jahre alt", teilte Nebensja weiter aus den Erkenntnissen Bebiks mit.
Nach dessen Überzeugung hieß der berühmte mongolische Kriegsherr Dschingis Khan, der im 12. bis 13. Jahrhundert lebte, in Wirklichkeit Bogdan. Der Spitzendiplomat sagte:
"Du glaubst es nicht? Dann rät Ihnen der Autor, die geheime Geschichte der Mongolen zu lesen, in der Dschingis Khan als Bogdy Khan bezeichnet wird. Daraus geht hervor, dass er kein Mongole, sondern ein echter Ukrainer war. Umso mehr kämpfte er, da ist sich Bebik sicher, mit ukrainischem Dreizack und unter ukrainischer Flagge. Und schließlich seine wichtigste Schlussfolgerung: Die Ukraine ist die Wiege der Weltzivilisation, und selbst Jesus Christus, so schloss Bebik in einem seiner Interviews nicht aus, könnte Galizier gewesen sein."
Wie Nebensja betonte, ist Bebik "kein einfacher, sondern ein ehrenwerter Verrückter". Im Jahr 2015 wurde er zum Interimsvorsitzenden des Öffentlichen Rates im Ministerium für Informationspolitik der Ukraine ernannt.
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