Die Schweizer Eidgenossenschaft soll deutsche Pläne zur Ausfuhr von aus der Schweiz stammender Munition aus Deutschland in die Ukraine vereitelt haben, berichteten lokale Schweizer Medien am Sonntag unter Berufung auf das eidgenössische Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Das Alpenland soll sich dabei auf seinen neutralen Status und die entsprechende Gesetzgebung berufen haben, welche Waffenlieferungen in Konfliktgebiete verbieten.
Die Tatsache, dass der Düsseldorfer Rüstungskonzern und Fahrzeugzulieferer Rheinmetall, der für die Bundeswehr Schützenpanzer vom Typ Marder baut, für diesen Munition aus Schweizer Produktion verwendet, hat sich offenbar als Stolperstein für die jüngsten Pläne Berlins erwiesen, die passende Munition nach Kiew zu liefern.
Das SECO hatte dazu zwei Anfragen aus Deutschland erhalten, um zuvor aus der Schweiz gelieferte Munition an die Ukraine weiterzugeben, bestätigte die eidgenössische Behörde am Sonntag gegenüber der SonntagsZeitung. Beide Gesuche "wurden mit Verweis auf die schweizerische Neutralität und die einschränkenden Ablehnungskriterien der Militärgütergesetzgebung abgelehnt", so die Schweizer Behörden weiter.
Das Schweizer Recht verlangt, dass Bern jeder Waffenwiederausfuhr an Drittländer zustimmt, und verbietet insbesondere dabei Waffenlieferungen in Konfliktgebiete. Die Schweiz schloss sich zwar den antirussischen Sanktionen an und wich damit in seltener Weise von ihrer strikten Neutralitätspolitik ab, nachdem Moskau seine Militäroperation in der Ukraine eingeleitet hatte, blieb aber bei ihrer Neutralität, wenn es um Militärhilfe für die Ukraine ging.
"Nur 'richtige und vernünftige' Waffen"
Medienberichten zufolge hat das Schweizer Veto gegen die Wiederausfuhr von Munition aus Deutschland hierzulande erhebliche Verärgerung ausgelöst, weil dies angeblich die Lieferung von Marder-Schützenpanzern an die Ukraine unmöglich gemacht habe. Allerdings hatte die Bundesregierung solche Pläne jedoch nie offiziell bestätigt. Die deutsche Regierung war wiederholt von anderen NATO-Mitgliedern, insbesondere von Polen, dafür kritisiert worden, dass Deutschland angeblich nicht genug zur Unterstützung der Ukraine unternehme. Das Thema führte mittlerweile auch zu Spannungen innerhalb der "Ampel"-Koalition.
Anfang April hatte Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt, dass Deutschland nur "richtige und vernünftige" Waffen nach Kiew schicken werde, und dabei hinzugefügt, dass es keine Pläne gebe, "offensive" Waffen wie etwa Panzer zu schicken, um welche die Ukraine wiederholt gebeten hatte. Außenministerin Annalena Baerbock forderte ihrerseits den Westen auf, Kiew mit schweren Waffen zu versorgen und schien damit auch direkt Scholz zu kritisieren, indem sie betonte, dass "jetzt nicht die Zeit für Ausreden ist".
Zunächst lieferte Berlin der Ukraine 1.000 Panzerabwehrwaffen und 500 Stinger-Flugabwehrraketen. Mitte März erklärte die Bundesregierung, dass sie aufgrund von Sicherheitsrisiken keine weiteren Informationen über Waffenlieferungen an die Ukraine preisgeben werde. Mitte April kündigte Deutschland dann an, zusätzliche 2,1 Milliarden US-Dollar für Militärausgaben bereitzustellen, von denen der größte Teil für die Unterstützung der Ukraine vorgesehen ist.
Am Samstag jedoch forderte eine Gruppe namhafter deutscher Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter ehemalige Bundestagsabgeordnete und ein ehemaliger beigeordneter Generalsekretär der UNO, die Bundesregierung in einem offenen Brief auf, die Militärhilfe für die Ukraine einzustellen und stattdessen darauf hinzuwirken, dass Kiew im Namen von Frieden und Dialog seinen militärischen Widerstand aufgibt.
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