Die Kiewer Stadtverwaltung will angesichts des Krieges im Land die Stadt weiter "derussifizieren". Was dies konkret bedeuten kann, führte vor einigen Tagen die westukrainische Stadt Ternopol vor, die am Freitag ein Denkmal für den Dichter und Dramaturgen Alexander Puschkin abreißen ließ.
Die ukrainische Buchautorin und Bloggerin Miroslawa Berdnik schreibt dazu:
"Das Puschkin-Denkmal wurde in Ternopol abgerissen.
"Alles Russische soll demontiert werden. Dazu gehört auch das Denkmal für den russischen Schriftsteller", sagte der Bürgermeister.
Ich erinnere mich an dieses Denkmal, das sie schon nach dem Maidan abreißen wollten, aber damals hatten die Bewohner der Stadt es verteidigt. Jetzt hat niemand danach gefragt ..."
Seit 2014 haben bereits hunderte Ortschaften und tausende Straßen in der Ukraine ihre angestammten Namen im Zuge der "Dekommunisierung" gewechselt, wobei vielfach Namen ukrainischer Nationalisten und Hitler-Kollaborateure die Namen sowjetischer Generäle oder russischer Städte ersetzten. Abgerissen wurden nicht nur alle Lenin-Denkmäler im Land, sondern auch zahlreiche Mahnmale für sowjetische Soldaten und Gedenktafeln an konkrete Persönlichkeiten wie den Siegesmarschall Georgi Schukow.
Die Kiewer Stadtverwaltung will sich unter jetzt unter anderem an fünf Metrostationen austoben, die nach ihrer Auffassung ideologisch "nicht mehr tragbare" Namen haben.
Unter diesen fünf Stationen findet sich die Station "Geroew Dnjepra" (auf deutsch "Helden des Dnjepr"), benannt zu Ehren der Sowjetsoldaten, die bei der Forcierung des Dnjepr im Herbst 1943 und der anschließenden Befreiung Kiews von der deutschen Besatzung ums Leben kamen. Diese Soldaten sind als Helden nicht mehr gefragt, stattdessen sollen nach Vorstellungen der Stadtverwaltung entweder die Kämpfer der nationalistischen Ukrainischen Aufständischen Armee UPA, die im Zweiten Weltkrieg mit den deutschen Besatzern kollaborierte, als "Helden" geehrt werden, oder das nationalistische Asow-Regiment als "Helden von Mariupol".
Nicht mehr tragbar soll nach Auffassung der Initiatoren die Bezugnahme auf die weißrussische Hauptstadt Minsk sein. Die Station "Minskaja" soll zu Ehren der polnischen Hauptstadt Warschau oder von Wyschgorod, einem nördlichen Vorort Kiews umbenannt werden. Alternativ könnte der Name des alten litauischen Wappens, das von den weißrussischen Nationalisten verehrt wird, zum Zuge kommen.
Aus demselben Grund soll das unverfängliche "Berestejskaja" verschwinden, weil dieser Name an die weißrussische Grenzstadt Brest erinnert. Diese soll nach dem Willen der Initiatoren künftig den Namen des Nationalistenführer und Hitler-Kollaborateurs Stepan Bandera tragen.
Keinen Platz soll es in der Kiewer Metro künftig für "Völkerfreundschaft" geben. Die Initiatoren wünschen sich, dass dieser Name zugunsten der "Einheit der Ukraine" fällt. Alternativ kommen örtliche topografische Bezeichnungen wie "Tierpark" in Frage.
Verschwinden wird aus der Topografie der Kiewer Metro wohl auch der Autor von "Krieg und Frieden" (eigentlich "Krieg und die Welt") und "Anna Karenina" Lew Tolstoi. Die bislang ihm gewidmete Metrostation soll künftig entweder den Fußballtrainer Walerij Lobanowskyj oder den Ingenieur Eugen Paton ehren. Beide Namensvorschläge könnten jedoch gegen das Dekommunisierungsgesetz verstoßen, war doch Lobanowskij lange Jahre Trainer der sowjetischen Fußballnationalmannschaft und Eugen Paton wirkte bis 1953 in der UdSSR, erbaute unter anderem auch die erste Brücke über den Dnjepr nach dem Zweiten Weltkrieg.
Das "Dekommunisierungsgesetz" verbietet es, Persönlichkeiten, die dem "kommunistischen Regime der UdSSR" dienten, zu ehren. Dessen bewusst haben die Initiatoren der Umbenennung noch einen dritten Namen vorgeschlagen: Jewhen Tschykalenko. Dieser war im Russischen Imperium ein Mäzen der ukrainischen Kultur und Verleger und emigrierte 1919 erst nach Wien und dann nach Prag, wo er 1929 starb.
Der erste Abschnitt der Kiewer Metro wurde 1960 eröffnet. Zum Ende der Sowjetunion zählte das Netz 34 Stationen. Seitdem sind bereits 16 Stationen umbenannt worden, nur 18 Stationen tragen ihren ursprünglichen Namen. Sogar traditionelle topografische Bezeichnungen wie "Roter Platz" mussten im Laufe der letzten 30 Jahre neuen Namen weichen.
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