Bis Mitte des Monats wird Finnlands Regierung dem Parlament des Landes einen Vorschlag über einen möglichen NATO-Beitritt vorlegen. Das teilte der finnische Außenminister Pekka Haavisto mit.
Russlands Militäreinsatz in der Ukraine soll Finnland, das eine gemeinsame Grenze mit Russland hat, veranlasst haben, die Diskussionen über die möglichen Vorteile eines Beitritts zum Militärbündnis zu intensivieren. Haavisto erklärte, die finnische Führung habe die Angelegenheit bereits mit "fast allen" NATO-Mitgliedern erörtert. Er spreche "fast täglich" mit dem benachbarten Schweden darüber, das ebenfalls einen Beitritt zum Militärbündnis erwäge.
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, das am Montag veröffentlicht wurde, sagte der finnische Chefdiplomat, Finnland müsse auf Vergeltungsmaßnahmen Russlands vorbereitet sein und "auch hören, wie die NATO-Länder reagieren würden". Er betonte:
"Wir müssen keine schnellen Entscheidungen über unsere eigene Verteidigung treffen, aber sicherlich könnte ein möglicher Beitrittsantrag dazu führen, dass wir zum Ziel von Einmischungen oder hybriden Aktionen werden."
Am Samstag sagte Sanna Marin, die Ministerpräsidentin des Landes, während einer Delegiertenversammlung der Sozialdemokratischen Partei, dass Russlands Offensive in der Ukraine das Vertrauen zwischen Helsinki und Moskau auf unumkehrbare Weise untergraben habe. Sie hob hervor:
"Russland ist nicht der Nachbar, für den wir es hielten."
Die Premierministerin räumte ein, dass sowohl ein Beitritt zur NATO als auch ein Nichtbeitritt "Entscheidungen sind, die Konsequenzen haben".
Sie betonte, dass in diesem Frühjahr eine Entscheidung "gründlich, aber schnell" getroffen werden sollte.
Jüngste Umfragen sowohl in Finnland als auch in Schweden zeigen, dass der Konflikt in der Ukraine die öffentliche Meinung im Vergleich zu den Vorjahren deutlich verändert hat, denn die Mehrheit der Befragten befürwortet nun einen NATO-Beitritt. Laut einer in diesem Monat durchgeführten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yle wünschen sich 62 Prozent der finnischen Bevölkerung eine Mitgliedschaft ihres Landes in dem westlichen Militärbündnis. Die Umfragen veranlassten den finnischen Präsidenten Sauli Niinisto zu der Aussage, dass bei einem derartigen Maß an Unterstützung für eine NATO-Mitgliedschaft kein Referendum erforderlich sei.
Laut NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg haben beide Länder gute Chancen, dem Block "auf relativ schnellem Wege" beizutreten. Er sagte am Sonntag dem Fernsehsender CNN:
"Natürlich müssen sie sich entscheiden, aber wenn sie den Antrag stellen, erwarte ich, dass sie von allen 30 Verbündeten sehr willkommen geheißen werden und dass wir Wege finden werden, sie relativ schnell in die Allianz aufzunehmen, wenn sie das wollen."
Unterdessen hat Russland Finnland und Schweden vor einer NATO-Mitgliedschaft gewarnt. Sergei Beljajew, Leiter der zweiten Europaabteilung des russischen Außenministeriums, erklärte im März der Nachrichtenagentur Interfax:
"Es liegt auf der Hand, dass ein Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO, die in erster Linie eine militärische Organisation ist, schwerwiegende militärische und politische Folgen hätte, die uns dazu zwingen würden, das gesamte Spektrum der Beziehungen zu diesen Ländern zu überdenken und Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen."
Russische Truppen wurden Ende Februar im Rahmen einer militärischen Sonderoperation zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine sowie zum Schutz der Volksrepubliken Donezk und Lugansk und der nationalen Sicherheitsinteressen Russlands in das russische Nachbarland entsandt. Kiew hat Moskau eine unprovozierte Offensive vorgeworfen.
Die EU, die USA und andere Länder haben mit beispiellosen Sanktionen reagiert, die sich gegen die russische Wirtschaft und mehrere ausgewählte hochrangige Beamte richten. Die militärische Sonderoperation Russlands wurde von der Vollversammlung der Vereinten Nationen mehrheitlich verurteilt.
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