Ukraine-Krise nicht korrekt vorhergesehen: Französischer Spionagechef gefeuert

Nur sieben Monate war er Chef des Militärischen Nachrichtendienstes (DRM) in Frankreich, dann musste General Éric Vidaud seinen Posten räumen. Grund ist wohl die Ukraine-Krise, die er nicht korrekt vorhergesehen habe, und generelle Umstrukturierungen.

Die französische Regierung hat beschlossen, den Chef des Militärischen Nachrichtendienstes (DRM) zu ersetzen, berichteten nationale Medien am Mittwoch unter Berufung auf Quellen. General Éric Vidaud wurde nur sieben Monate nach seinem Amtsantritt entlassen, weil er angeblich von Russlands Angriff auf die Ukraine überrumpelt wurde.

Vidaud war im vergangenen Sommer zum Chef des militärischen Geheimdienstes ernannt worden. Zuvor hatte er das französische Kommando für Sondereinsätze (COS) geleitet und war für die Tötung des Anführers von Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQIM) im Juni 2020 verantwortlich gemacht worden. Französischen Medien zufolge wurde die kurze Amtszeit des Generals an der Spitze des militärischen Nachrichtendienstes durch das Missmanagement der Ukraine-Krise und die Absicht der Regierung beendet, den Dienst nach dem russischen Angriff auf das Land im vergangenen Monat drastisch umzugestalten.

Die Kündigung wurde zuerst von der Zeitung L'Opinion gemeldet und später von anderen Medien aufgegriffen, einschließlich der staatlichen Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP). Sie beriefen sich auf Quellen, die mit der Situation vertraut sind.

Laut AFP kursierten im französischen Militär bereits seit einigen Tagen Gerüchte über einen bevorstehenden Rücktritt Vidauds. Einige erwarteten, dass er einen anderen hochrangigen Posten erhalten werde, aber offenbar wird der General diese Möglichkeit nicht haben. Anfang des Monats hatte der Generalstabschef der französischen Armee, General Thierry Burkhard, Le Monde erklärt, dass der französische Geheimdienst die russische Militäroperation im Gegensatz zu seinen US-Kollegen nicht hatte vorhersehen können.

Eine von AFP zitierte Quelle meinte, die Entlassung des DRM-Chefs wegen der Ukraine sei nicht besonders vernünftig, da die Aufgabe des Dienstes darin bestehe, die militärischen Fähigkeiten und nicht die Absichten ausländischer Regierungen zu bewerten. Und der Dienst habe zu Recht festgestellt, dass Russland über die Mittel zum Angriff auf die Ukraine verfüge.

"Wir können diesen Führungswechsel nicht allein auf die ukrainische Situation reduzieren. Es geht auch um die Umstrukturierung des Dienstes", so die Quelle. Der Nachrichtenagentur zufolge zwingt die Ukraine-Krise die französische Regierung dazu, ihren Umgang mit dem DRM zu überdenken. Dieser werde in Zukunft wahrscheinlich eine größere Rolle als geopolitisches Instrument spielen, sodass entsprechende Reformen erforderlich seien, so ein von AFP zitierter Experte.

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