Der Militärberichterstatter und ehemalige US-Marinesoldat Patrick Lancaster ist im Netz dafür bekannt, dass er sich in Kriegsgebieten an keine Sicherheitsvorschriften für professionelle Journalisten hält und mitten ins Kriegsgeschehen eintaucht. In seinen Reportagen muss er sich oft vor Kugeln ducken, und statt Hintergrundmusik ist der Lärm explodierender Geschosse zu hören. Viele seiner Videos aus den Kriegen im Donbass und in Bergkarabach wurden deshalb auf Youtube millionenfach geklickt.
Auch in diesen Tagen ist Lancaster an vorderster Front. Es war seine Kamera, die einen grausigen Fund im Keller einer verlassenen Schule in der umkämpften Stadt Mariupol als erste gefilmt hat. Aus seiner Reportage wird deutlich, dass die Schule von den Soldaten der ukrainischen Nationalgarde als Basis und Waffenlager benutzt wurde. Es wurde aus der Schule gefeuert. Der Reporter zeigt unter Gerümpel die Abzeichen der Nationalgarde, ukrainische Flaggen und ausgebrannte Waffen.
Dann kommt es zu einer grausamen Entdeckung im Schulkeller – einer mit Fenstervorhängen bedeckten Frauenleiche. Zu sehen ist nur der Bauch mit einem eingebrannten Hakenkreuz. "Oh", sagt der Reporter und filmt aus der Nähe. Für einen Moment macht er das blutverschmierte Gesicht frei und macht einen Screenshot. Späteren Meldungen der russischen Presse zufolge waren der Frau beide Arme abgehackt.
Ein Kämpfer der Donezker Volksmiliz sagt, dass das Folteropfer aller Wahrscheinlichkeit nach eine zivile DVR-Sympathisantin war. "Hat das Asow getan?", fragt der Reporter. "Ich weiß es nicht. Bestimmt beim Abzug getan. Unsere Leute hätten keine Kreuze gekritzelt", sagt er und beklagt sich. "Es gibt niemanden, der sie abholen könnte. Wir können auch unsere Jungs manchmal nicht abholen", sagt er über die gefallenen Soldaten. Am Ende des Berichts erzählt der DVR-Soldat, dass er schon seit Jahren im Dienst ist und aus Donezk komme. Drei Monate nach seinem Austritt wurde er während der letzten Mobilisierung wieder zum Dienst eingezogen.
Die erste Frage, die sich nach so einer grausamen Entdeckung stellt, ist, ob die ukrainischen Kämpfer zu solchen Gräueltaten eigentlich fähig seien? Durchaus. Es gibt zu viele Schilderungen von Überlebenden, die über Folter und sogar Tötungen in den illegalen Gefängnissen, über Verschwinden der Menschen erzählen. Auch Frauen blieben nicht verschont.
Die Nachricht über den grausigen Fund in der Schule Nr. 18 in Mariupol machte bald die Runde in russischen Medien und wurde auch vom russischen Verteidigungsministerium gemeldet. Am Montag lieferte RIA Nowosti weitere Details aus den Erzählungen der Donezker Volksmilizionären.
"Nur Unmenschen können das getan haben. Die ganze "tolerante Welt" möge nun denken, gegen wen wir hier kämpfen. Dies ist wahrscheinlich nicht das einzige Opfer. Hier und an anderen Orten, an denen Asow-Soldaten waren, wurden regelmäßig Mädchen vergewaltigt."
Pillen, gebrauchte Spritzen, leere Ampullen und Kleidung mit Nazi-Symbolen lagen verstreut herum. Auch grüne Metallhelme, Militärschuhe und Essensreste.
"Offenbar hatten sie es eilig, wegzukommen", so der DVR-Kämpfer weiter. "In der Regel versuchen sie, die verstümmelten Körper ihrer Opfer nicht zurückzulassen. Schließlich ist dies ein direkter Beweis für ihre Kriegsverbrechen. Aber hier muss etwas schiefgelaufen sein".
Am Montag teilte das russische Ermittlungskomitee mit, dass es eine Untersuchung zur Aufklärung des Verbrechens eingeleitet hat. Dabei ließ die Behörde in ihrer Mitteilung keinen Zweifel daran, dass die Täter zum Kreis der Asow-Kämpfer gehören.
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