Die Staats- und Regierungschefs der G7 haben eine außerordentliche Sitzung des Rates der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) einberufen, um zu verhindern, dass sich der Ukraine-Konflikt zu einer globalen Nahrungsmittelkrise ausweitet. Der französische Präsident Emmanuel Macron stellte dabei seine eigene "Initiative für Ernährungssicherheit" vor.
Laut einem am Donnerstag auf dem Gipfeltreffen der größten Volkswirtschaften der Welt verabschiedeten Kommuniqué setzt die russische Offensive auf das Nachbarland "die globale Ernährungssicherheit unter erhöhten Druck". Die G7-Staats- und Regierungschefs kamen daher überein, "alle Instrumente und Finanzierungsmechanismen" zu nutzen und die "relevanten internationalen Institutionen" einzubeziehen, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, einschließlich der Unterstützung für die "fortgesetzten ukrainischen Produktionsanstrengungen".
In dem Kommuniqué heißt es:
"Wir fordern eine außerordentliche Sitzung des Rates der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), um die Folgen der russischen Aggression gegen die Ukraine für die weltweite Ernährungssicherheit und die Landwirtschaft zu erörtern."
Die Länder vereinbarten, Exportverbote und andere "handelsbeschränkende Maßnahmen" zu vermeiden und offene und transparente Märkte im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation aufrechtzuerhalten.
Macron nutzte den Gipfel in Brüssel, um seine eigene "Initiative für Ernährungssicherheit" vorzustellen. Die Welt stehe vor einer "beispiellosen" Nahrungsmittelkrise, sagte Macron und fügte hinzu, dass dies "eine direkte Folge von Russlands Entscheidungen und des Krieges" sei. Nach Ansicht des Präsidenten ist die Situation bereits schwierig und könnte sich "in zwölf bis 18 Monaten" weiter verschlechtern.
Sorge um Ägypten und Länder in Afrika
Bei der Pressekonferenz forderte der französische Staatschef, der regelmäßig mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin spricht, Moskau auf, "verantwortungsbewusst" zu sein und die Ukraine weiter säen zu lassen. Andernfalls, so betonte er, wäre die "Hungersnot" in vielen Ländern, die in hohem Maße von den Agrarlieferungen aus Russland und der Ukraine abhängig sind, "sicherlich unvermeidlich".
Unter den gefährdetsten Ländern nannte Macron Ägypten sowie einige andere Länder in Afrika und im Nahen Osten. Macrons "Initiative für Ernährungssicherheit" umfasst unter anderem einen Notfallplan für die Freigabe von Vorräten im Krisenfall. Hinzu kommt eine multilaterale Verpflichtung, keine Beschränkungen für die Ausfuhr von Agrarrohstoffen zu verhängen. Zusätzlich finden sich in den Vorschlägen eine vorübergehende Anhebung der Produktionsschwellen sowie die Unterstützung einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion in den am stärksten gefährdeten Ländern. Hinzu kommt die Schaffung eines Mechanismus, der es ermöglichen würde, diese Länder mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen "in ausreichender Menge und zu vernünftigen Preisen" zu versorgen, falls eine solche Notwendigkeit eintritt.
Die Ernährungssicherheit wurde am Donnerstag auch von anderen Staats- und Regierungschefs erörtert, darunter US-Präsident Joe Biden. Macron warnt schon seit einiger Zeit vor der globalen Nahrungsmittelkrise und kündigte kürzlich einige innenpolitische Maßnahmen an, um die Folgen der Militäraktion in der Ukraine abzumildern.
Macron, der sich am 10. April zur Wahl stellt, betonte, dass die Ukraine und Russland "wahre Scheunen für die internationale Lebensmittelversorgung" seien. Er erklärte zudem, er plane die Einführung von Lebensmittelgutscheinen, um "den bescheidensten Haushalten und der Mittelschicht zu helfen, diese zusätzlichen Kosten zu bewältigen." Die Einzelheiten eines Lebensmittelhilfeprogramms sind jedoch noch nicht bekannt.
Russland und die Ukraine gehören zu den größten Erntelieferanten der Welt. Nach Angaben der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) entfallen auf die beiden Länder 53 Prozent des weltweiten Handels mit Sonnenblumenöl und -samen und 27 Prozent mit Weizen.
Die UNCTAD hatte zuvor erklärt, dass alle Länder unweigerlich von der durch den Konflikt ausgelösten Krise betroffen wären. Der Anstieg der Lebensmittel- und Kraftstoffpreise "wird die Schwächsten in den Entwicklungsländern treffen und die ärmsten Haushalte, die den größten Teil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben, unter Druck setzen, was zu Not und Hunger führt", warnte die Organisation.
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