Ukrainische Nationalistenverbände haben in der Konfliktregion illegale Gefängnisse unterhalten und deren Insassen zu Tode gefoltert. Das geht aus Foto- und Videoberichten hervor, die russische Medien in diesen Tagen veröffentlichten.
So wurden im Dorf Polowinkino im Bezirk Starobel der Lugankser Volksrepublik (LVR, ehemalige Region Lugansk in der Ukraine) Milizionäre aus Lugansk und Personen, die verdächtigt wurden, mit ihnen zu sympathisieren, in der Räucherkammer einer örtlichen Wurstfabrik festgehalten.
Die ehemalige Wurstfabrik ist ein abgeschiedenes Gebäude, das von einem Betonzaun umgeben ist. Die Angehörigen des nationalistischen Batallions "Aidar" haben entlang des Geländes Wachtürme errichtet, sodass die Anlage wie ein Konzentrationslager aussieht.
Acht Jahre lang erhielten die LVR-Behörden Zeugenaussagen von Opfern, die in der Anlage gefangen gehalten wurden. Berichten der Opfer zufolge wurden die Gefangenen geschlagen, gefoltert, mit eiskaltem Wasser übergossen und auf Hungerkost gehalten.
Im Keller der Werkstatt befindet sich eine Räucherkammer, die aus einzelnen Zellen besteht. Die Kammern sind auf der Oberseite mit Rosten bedeckt, die ursprünglich zum Auflegen von Fleisch gedacht waren. Zwei ehemalige Insassen besuchen nun den Ort ihres Leidens in Begleitung eines Korrespondenten der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti und erzählen ihre Geschichten.
Sie kämpften in der Volkswehr und wurden während der ersten Phase des Donbass-Krieges gefangengenommen. Die Nationalisten haben die erwünschten Aussagen in speziellen, dafür vorgesehenen Kammern aus ihnen herausgeprügelt. "Es wurde auch zu Tode geprügelt", sagte einer der Zeugen und erzählte, dass sein Kommandeur von "Aidar" vergiftet wurde. Das Gift sei in das Essen gemischt worden. Ermittler und Forensiker der LVR suchen nach den Überresten der Opfer, nach DNA-Material und Dokumenten. Sie schließen nicht aus, dass sich irgendwo in der Nähe des Gefängnisses die Grabstätten der Toten befinden.
In anderen Videos berichten die Opfer über ihre Folter durch die Wärter. "Sie nehmen Gefangene sehr hart ran – sie schlagen sie zusammen und demütigen sie. Für sie sind wir überhaupt keine Menschen … Für sie sind wir halb lebendiges Fleisch", beschreibt die ehemals gefangene Krankenschwester Oksana K. Sie starb später an ihren Wunden und Krankheiten.
In einem Video, das auf dem Telegram-Kanal eines ehemaligen Mitarbeiters des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU, Wassili Prosorow, veröffentlicht wurde, erzählt eine weitere Frau, die sich als Olga Maximowa vorstellte, dass sie brutal geschlagen und vergewaltigt wurde.
Sie war im Jahre 2014 Aktivistin des Anti-Maidan. Im Jahr 2015 wurde sie von "Aidar" festgenommen und solange gefoltert, bis sie die gewünschten "Aussagen" getätigt hat. Das letzte Tropfen für ihr "Einverständnis" war die Androhung aus ihrer Mutter einen "Gürtel zu machen" und eine gestellte Erschießung. Geschossen wurde in einem Waldstück über ihren Kopf hinweg und unter ihre Füße, während sie mit gebunden Augen dastand. Als sie davon erzählt, kämpft sie mit den Tränen.
Nach all dem Leiden hat Olga ein Dokument über die Zusammenarbeit mit SBU, Staatsanwaltschaft und anderen ukrainischen Sicherheitsorganen unterschrieben. "Ich habe aber mit ihnen nie zusammengearbeitet", versichert sie am Ende des Videos. Diese Aussage bekräftigt die Tatsache, dass die Nationalisten nicht notwendigerweise auf eigene Faust Verbrechen begangen haben, sondern sie möglicherweise im Auftrag der offiziellen Strukturen des ukrainischen Staates handelten.
"Aidar" wurde kurz nach Beginn des Donbass-Krieges im April 2014 aus den rechtsradikalen Maidan-Selbstverteidigungskräften rekrutiert. Seit dem gehört der Verband zu den berüchtigtsten bewaffneten Formationen der ukrainischen Nationalisten. Seit März 2015 ist "Aidar" als 24. Sturmbataillon in die Strukturen der ukrainischen Streitkräfte eingegliedert. Die UNO, die OSZE und andere internationale Menschenrechtsorganisation wie Amnesty International haben bereits mehrfach über Verbrechen der "Aidarowzy" berichtet.
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